Beides ist in der Kunsthalle Düsseldorf nicht neu: eine Malereiausstellung und eine Ausstellung mit einem Künstler aus Fernost. Beides zusammen aber ist eine Premiere, und eine Premiere ist jetzt auch die Zusammenarbeit mit dem NRW Forum im Ehrenhof in Düsseldorf. Folglich muss das Werk des chinesischen Künstlers Liu Xiaodong ausgesprochen bedeutend sein, entsprechend wird der Künstler von beiden Institutionen als „Superstar“ in Asien angepriesen. Aber die Biografie mit ihrer Ausstellungsliste gibt das nicht unbedingt her. Und hält das Werk selbst, was vorauseilend angekündigt wurde?
Nun, Liu Xiaodongs narrative figürliche Malerei verhält sich zwischen Neoexpressionismus und Realismus. Sie ist starkfarbig, rückt die Figuren zusammen und schichtet Tiefenraum. Als Referenz dienen immer wieder Meisterwerke der westlichen Kunstgeschichte, die Xiaodong mit chinesischen Statisten nachstellt. Er steht in der Tradition der europäischen Historienmalerei. Seine Gruppenbildnisse hingegen spielen auf die idealisierte Postkartenmalerei des Mao-China an und unterlaufen diese in der Individualität der gemalten Personen und ihrer Wirklichkeit. Er rekapituliert vieles von dem, was wir von den neofigurativen Malern der USA der 1980er Jahre kennen, von Eric Fischl oder David Salle, die „reine“ Maler sind. Liu Xiaodong hingegen erweist sich als konzeptueller Künstler. Malerei ist ein Verfahren, das er in aller Öffentlichkeit ausführt: vor der entsprechenden Landschaftskulisse mit Zuschauern überall auf der Welt, folglich gehören das Reisen und die intensive Einlassung auf gesellschaftliche Umstände und Biografien zum Werk. So sind auch filmische und fotografische Arbeiten, Collagen und Skizzenbücher entstanden, die zusammen mit der Retrospektive der Malerei in Düsseldorf ausgestellt sind.
Thematisch wendet sich Liu Xiaodong Außenseitern und Minderheiten zu; ausgehend von deren Unterdrückung in China, recherchiert er, wie es ihnen anderswo ergeht. So hat er in Berlin eine Transgender und einen schwulen chinesischen Künstler gemalt: Die filmische Dokumentation der malerischen Annäherung ist im NRW Forum zugleich mit den beiden Gemälden zu sehen. Weitere Themen sind u.a. die Flüchtlingsbewegungen, Verstädterung, Arbeitslosigkeit und die Wanderarbeiter in China selbst, wohin er immer wieder zurückkommt. Xiaodong wurde 1963 in Jincheng geboren, er hat am CAFA in Peking Kunst studiert und unterrichtet heute dort selbst als Professor für Malerei. Er gehört zu den Künstlern, die friedlich auf dem Platz des Himmlischen Friedens protestiert haben; mit der Malerei hat er seine Strategie der Stellungnahme gefunden. Seine Gemälde entschleunigen die Beschleunigung der Welt – und erweisen sich als ein Medium der Authentizität, Differenzierung und Aufdeckung.
Liu Xiaodong – Langsame Heimkehr | bis 19.8. | Kunsthalle und NRW Forum in Düsseldorf | 0211 899 62 43
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