Was für eine spannungsvolle, von Saal zu Saal überraschende Ausstellung, gerade in der Gegenüberstellung älterer und aktueller Bilder! Die Malerei von Katharina Grosse ist konzentriert und voller Wendungen: Sie zeigt nichts als Farbe, mit ausgreifendem Pinselduktus aufgetragen oder mittels Druckluft gesprayed, und bei all dem wird der Untergrund ebenso variiert wie die Verfahren des Auftrags. Das Kunstmuseum Bonn zeigt nun einen Überblick mit meist großformatigen Leinwandbildern seit Ende der 1980er Jahre. Die Farbe ist horizontal und vertikal ausgerichtet oder sie überlagert sich in transparenten schrägen oder frei beweglichen Bahnen, sie zeigt Licht und Verschattung, Innehalten und Dynamik, ist hell oder gedämpft, Vorder- und Hintergrund wechseln die Rollen. Mit dem Sprayen tritt die Farbe unscharf auf, sie „schwebt“ in Schlängellinien oder amöbenartigem Ausgreifen. Neuere Bilder wirken hochrealistisch wie Ereignisse aus der Vegetation, die immens vergrößert sind. Beeindruckend ist, dass sich Katharina Grosse nicht wiederholt und stattdessen experimentell auf das altehrwürdige Medium Malerei einlässt. Und dass sie zu Ergebnissen kommt, die es so noch nicht gab und die unser analytisches Sehen aktivieren.
Damit wurde Grosse, die 1961 geboren wurde, an den Kunstakademien in Berlin-Weissensee und Düsseldorf eine Professur für Malerei innehatte und in Berlin lebt, international bekannt. Weltweit gefragt aber ist sie mit ihren oft riesigen Sprayarbeiten direkt auf die Ausstellungswand und im Außenraum, wobei sie natürliche Materialien wie Holz oder Erde einbezieht und so einen Farbraum erzeugt, der in seinem Klang changiert. Die Malerei selbst wird zugleich plastisch begriffen – eine Position, die Grosse noch aufgreift, indem sie Leinwände aufschneidet, so dass die Teile, von ihr arrangiert, herabhängen, sich wellen und verdecken. Auch solche Bilder sind in Bonn zu sehen. Ganz neu sind die Werke, bei denen über der Leinwand ein Ast mit einer Krone aus Zweigen angebracht ist und auch darüber die Farbe gesprüht ist: Die (verblühte) Natur tritt in einen Dialog mit der Konstruktion der Kunst.
Katharina Grosse – Studio Paintings | bis 22.9. | Kunstmuseum Bonn | 0228 77 62 60
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