„Treue“ steht in Großbuchstaben auf einem großen Stein, daneben liegt eine Steinplatte mit einem eingravierten Davidstern, dem Symbol des Judentums. „Welche Assoziationen löst das aus“, fragt Anne Plhak, zuständig für den religiösen Dialog beim katholischen Verband IN VIA. Die eine, richtige Antwort gibt es nicht, alle Gedanken sind erlaubt. Wir stehen im Garten der Religionen, in der südlichen Kölner Neustadt. Anne Plhak führt regelmäßig Besuchergruppen durch den Garten und lädt ein zum interreligiösen Dialog, entlang an Stationen mit den Symbolen der fünf Weltreligionen. Der Garten ist eine Oase in der Stadt, mit verschlungenen Wegen, Steinskulpturen und einem großen Pavillon.
Hierher kommen Senioren und Schulkinder, Christen, Muslime, Juden, Hinduisten, Buddhisten, Atheisten, Spirituelle und Suchende. Bei den Dialogen gehe es weniger darum, Informationen über die Weltreligionen zu vermitteln, erklärt Anne Plhak. Vielmehr sei der Ausgangspunkt immer der Glaube und Wissenshorizont der Besucher.Anden verschiedenen Stationen stellt sie Fragen, so kommen die Menschen ins Gespräch. „Spannend wird es, wenn die Besucher verschiedenen Religionen angehören“, erzählt sie.
Offen für gesellschaftlichen Wandel
Anne Plhak ist gläubige Christin, Religionspädagogin und Sozialarbeiterin mit dem Schwerpunkt Jugendhilfe. Bei IN VIA arbeitet sie als Referentin für das christliche Unternehmensprofil und ist zuständig für religiöse Veranstaltungen wie christliche Feiern, Meditationen oder Pilgerfahrten. Gleichzeitig betreut sie den Garten der Religionen, der unter der Woche für alle geöffnet ist.
Obwohl IN VIA aufgrund des historischen Ursprungs Katholischer Verband für Mädchen- und Frauensozialisation Köln e.V. heißt, setzt sich der Verband heute für junge Menschen ein, unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder Glauben. Die Projekte und Angebote des Fachverbandes, der Teil des Caritasverbandes ist, reichen von Jugendhilfeprojekten und Schulsozialarbeit, über berufsvorbereitende Maßnahmen bis zu betrieblicher Integration und Betreuung im offenen Ganztag. Dazu kommen internationale Projekte wie Freiwilligendienste. Das Motto „in via“ („auf dem Weg“) will man ernst nehmen und offen sein für gesellschaftlichen Wandel.
Buddhistisch meditieren, die katholische Messe besuchen
Ein großer Teil der Gäste im Garten der Religionen sei eher nicht-gläubig, so Plhak. Doch „sobald die Menschen interessiert sind und Fragen haben, oder auch bereit sind, kritisch in den Dialog zu kommen, sind sie herzlich willkommen“. Sie erlebe, dass sich Menschen zunehmend ihren Glauben aus den verschiedenen Religionen und spirituellen Strömungen zusammensetzten. Eine pluralistische Sichtweise beobachte sie vor allem bei älteren Menschen, die sich aus den Religionen oft das aussuchten, was ihnen guttue. Das könne etwa bedeuten: „Ich meditiere buddhistisch, gehe aber auch gerne in eine katholische Messe und feiere mit meiner muslimischen Freundin den Ramadan“. Kinder und Jugendliche würden die Religion ihrer Eltern dagegen häufig noch nicht hinterfragen.
Zum Ende des Gesprächs verrät Anne Plhak, welche Assoziation die Vereinsmitarbeiter, die den Garten angelegt haben, mit dem Begriff „Treue“ und dem Davidstern verbinden: Die Bundestreue, also den Bund, den Gott mit seinem auserwählten Volk geschlossen hat.
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