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Oh weh!

21. Oktober 2021

Intro – Schmerzbetrug

Wachstumsmarkt Schmerz? Bis zu 1,9 Millionen Menschen in Deutschland gelten als medikamentenabhängig, nicht zuletzt von Schmerzmitteln; eine Abhängigkeit, die den Betroffenen oft nicht bewusst ist und sich auch in einer ärztlichen Therapie entwickeln kann. Rund 140 Millionen Schmerzmittelpackungen werden jährlich in Deutschland verkauft, davon 105 Millionen rezeptfrei, wobei der Absatz in der Corona-Krise zugenommen hat. Auch geben vermehrte Verschreibungen von hochwirksamen opioidhaltigen Schmerzmitteln Anlass zur Sorge, eine Entwicklung, für die nicht zuletzt ein aggressives Marketing der Medikamentenfirmen verantwortlich gemacht wird. Warnendes Beispiel sind die Vereinigten Staaten, wo die Opioid-Krise vor der Jahrtausendwende ihren Anfang nahm. Seitdem sind dort hunderttausende Menschen durch Opioid-Missbrauch ums Leben gekommen; für das Jahr 2016 haben Ermittler:innen über 60.000 gezählt. Im Folgejahr rief Präsident Trump den nationalen Notstand aus.

Aus alldem folgen natürlich keine Argumente gegen medikamentöse Schmerzlinderung. Im Gegenteil. Unzähligen Schmerzpatient:innen ist nur mit hochsensiblen Medikamenten ein lebenswertes Leben zu ermöglichen. Richtig ist aber auch, dass vielen Wehwehchen weniger durch Pillen und Tropfen beizukommen ist, sondern vielmehr durch einen Lebenswandel, der die eigenen Bedürfnisse ernst nimmt, körperliche, seelische und geistige. In unserem Monatsthema SCHMERZBETRUG fragen wir: Wie gefährlich sind Schmerzmittel und wann sind sie unverzichtbar?

Unsere Leitartikel kommentieren den gesundheitsgefährdenden Umgang mit Schmerzmitteln im Profi- und Amateurfußball, hinterfragen die Rolle, die Schmerzmittel gegenwärtig in der Hip-Hop-Musik spielen und plädieren für ein Neben- statt Gegeneinander von Schulmedizin und Naturheilkunde.

In unseren Interviews erklärt der Schmerzmittelforscher Christoph Stein, welche Risiken der Gebrauch von Schmerzmitteln insbesondere im Hobbysport mit sich bringt, der Mediziner Darius C. Tabatabai setzt die US-amerikanische Opioid-Krise ins Verhältnis zu der Situation in Deutschland und der Mediziner Marc Werner beschreibt Unterschiede und Gemeinsamkeiten von natürlichen und künstlichen Medikamenten.

In Köln besuchen wir den Verein für Gesundheitssport und Sporttherapie, der Schmerzbeschwerden gesunde Bewegung entgegensetzt, in Dortmund die Drogenhilfeeinrichtung Kick, die Suchtkranke in überwachten Konsumräumen betreut und beim Ausstieg aus der Sucht hilft und in Wuppertal das Blaue Kreuz, dessen Selbsthilfegruppen, Beratungsstellen und Wohnheime sich ebenfalls an Suchtkranke wenden.

Große Mengen rezeptfreier Schmerzmittel dürften in Schränken und Schubladen schlicht vergessen – und eines Tages entsorgt werden. Hoffentlich sachgerecht. Ist vermutlich besser so.

Dino Kosjak / Chefredaktion

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