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Jan Sosna, Leiter der Drogenhilfeeinrichtung Kick in Dortmund
Foto: Benjamin Trilling

Erste Hilfe beim Einstieg in den Ausstieg

21. Oktober 2020

Die Drogenhilfeeinrichtung Kick in Dortmund bietet Betreuung und Konsumräume

Spritzen oder Kanülen werden ausgehändigt. Im Injektionsraum können bis zu acht Menschen gleichzeitig sitzen, um sich Heroin oder andere Substanzen zu verabreichen. Wie im Inhalationsraum direkt gegenüber wird der Rausch auch hier strengstens vom medizinischen Personal überwacht, denn beide Konsumräume sollen eine Infektion oder eine Überdosis verhindern. „Wir wollen das Überleben sichern“, sagt Jan Sosna über das Ziel der von der Aidshilfe betriebenen Drogenhilfeeinrichtung Kick.

Die Statistiken verdeutlichen die Notwendigkeit einer solchen Einrichtung: Rund 5.000 Drogenabhängige zählt Dortmund. Die Einnahme von Heroin, Kokain oder Crack ist mit gesellschaftlichen Stigmatisierungen und vor allem enormen, gesundheitlichen Risiken verbunden. Bundesweit nahm die Zahl der Drogentoten im letzten Jahr um 9,6 Prozent zu, insgesamt starben 2019 1.398 Menschen durch den Konsum von illegalen Rauschmitteln. Dieses Ausmaß spüren sie auch bei Kick. Pro Jahr zählen sie 54.000 Konsumvorgänge. „Insgesamt haben wir von Jahr zu Jahr einen steigenden Bedarf“, erzählt Sosna.

Der Leiter der Einrichtung betreut die Konsumenten gemeinsam mit Sozialarbeiterinnen bzw. Sozialarbeitern und Ärztinnen bzw. Ärzten. Ihr Ziel: beim Einstieg in den Ausstieg unterstützen. Therapien können sie bei Kick nicht vermitteln, dafür ist der Andrang zu groß. Doch sie helfen in einer kleinen Ambulanz bei Wunden oder Infektionen. Auch Utensilien wie Zahnbürsten, Einwegrasier oder Tampons werden ausgehändigt. Und sie bieten mit dem Kontaktcafé einen Begegnungsraum an, in dem es täglich Mahlzeiten und Getränke gibt. „Hier kommen auch Leute hin, denen die soziale Komponente wichtig ist“, erklärt Sosna. 200 bis 300 Menschen sind täglich zu Gast – zumindest bis 16 Uhr. Dann schließt die Einrichtung.

Gesetzliche Vorgaben sind einzuhalten

Die täglichen Öffnungszeiten und Angebote von Kick verlagern den Drogenkonsum in diesen Zeitspannen weg von der Straße, so Sosna: „Die Belastung der Öffentlichkeit soll reduziert werden.“ Direkt nebenan liegen die Einkaufsmeile Westenhellweg sowie das Theater Dortmund. Security-Personal achtet darauf, dass sowohl in der Einrichtung als auch auf dem Außengelände nichts Illegales geschieht, wie Sosna betont: „Auch wir müssen gesetzliche Vorgaben einhalten.“ Denn seit einer Änderung des Betäubungsmittelgesetztes im April 2000 dürfen zwar Drogenkonsumräume betrieben werden, die Beschaffung der Substanzen bleibt jedoch illegal – auch innerhalb sowie vor der Hilfeeinrichtung. Im Kick erhalten Abgängige saubere Utensilien wie Spritzen oder Alufolie. Der Tausch oder der Erwerb von Drogen bleiben strengstens untersagt. Für eine Nutzung der Konsumräume wird zudem ein Vertrag vereinbart, der jedes Jahr neu unterzeichnet werden muss.

Jan Sosna arbeitet seit Jahren in der Einrichtung und hat einige Fälle erlebt. Die Geschichten, die in die Drogenabhängigkeit führen, seien sehr unterschiedlich, so der Sozialpädagoge: „Es gibt Leute, die Schmerzpatienten gewesen und zum Heroin-Konsum gekommen sind.“ Ohnehin seien die Klienten oft von mehreren Substanzen abhängig. Dass frei erwerbliche Medikamente oder die Therapie mit Schmerzmitteln zum Konsum härterer Drogen führen, hält er jedoch für unwahrscheinlich: „Sie waren meistens schon mit einem Bein in der Szene“. Erste Hilfe für den Ausstieg finden sie dann bei Kick.

 

Aktiv im Thema

www.naturheilbund.de | Der 1889 gegründete Dachverband deutscher Naturheilvereine vertritt als Laienverband die Interessen seiner Mitglieder in Gesundheitspolitik und -bildung.
www.dgpsf-verein.de | In der Deutschen Gesellschaft für psychologische Schmerztherapie und -forschung e. V. versammeln sich Psychologen, die im Schmerzbereich und in der Behandlung von Patienten mit chronischen Schmerzen arbeiten.
www.schmerzgesellschaft.de | Die Deutsche Schmerzgesellschaft e.V. versteht sich als größte wissenschaftliche Schmerzgesellschaft Europas. Sie setzt sich ein für die Förderung von Schmerzforschung und -therapien.

 

Benjamin Trilling

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