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Spritziger Pas de deux zu Händels Wassermusik
Foto: Leszek Januszewski

Ein Happy End für Dido

26. Juni 2019

Oper plus Ballett: „Wassermusik und Dido and Aeneas“ in Hagen – Oper in NRW 07/19

Not macht erfinderisch. Und es bedarf keiner Hellsicht, um zu erkennen, dass die neuen Formate, mit denen Hagens Theaterintendant Francis Hüsers zurzeit experimentiert, einer Not an Budget und Personal geschuldet sind. Nach der Monteverdi-Mini-Oper „Il Cambattimento di Tancredi e Clorinda“, welche als Passionsstück zu Ostern lief, folgt nun mit Henry Purcells „Dido and Aeneas“ eine etwas längere Barockoper, die es immerhin auf eine knappe Stunde Aufführungsdauer bringt. Nun ist auch das immer noch ein bisschen kurz, um es einem Abonnenten-Publikum als vollwertigen Theaterabend zu präsentieren, also lässt der Intendant seine kleineBallettkompanieanschließend noch ihre Version der antiken Geschichte erzählen – zu Händels „Wassermusik“. Musikalisch liegt das nahe. Und Wasser passt immer gut zum Tanz. Ein bisschen beliebig ist es sicher auch. Doch am Ende wird das Experiment gelingen. Das Publikum zeigt sich begeistert.

Intendant Hüsers selber hat die Opernhandlung um Dido, die junge Witwe und Königin von Karthago, die ihrem verstorbenen Gatten die Treue über den Tod hinaus geschworen hat und sich nun in Aeneas, den Sohn der Venus, verliebt, mit viel Witz und Schwung inszeniert. Die tragischen Aspekte der Handlung nimmt er gekonnt auf die Schippe und dechiffriert humorvoll die altertümlichen Sprachbilder für Sex. Sein Ensemble ist dabei auch für gewagte Einfälle zu haben: Kenneth Mattice singt als Aeneas mit freiem, durchtrainierten Oberkörper, die Sopranistin Cristina Piccardi agiert als Didos Vertraute Belinda mal im Bikini, mal als Pfeile verschießender Amor in einem bauchfreien Leder-Outfit mit kurzen Hosen und hochhackigen Overknee-Stiefeln. Veronika Haller lässt es als – zu Depression und Drama neigende – Dido beim Seidennachthemd bewenden, spielt und singt aber nicht weniger begeisternd.

Nun ist die Barockoper ein recht spezielles Fach, mittlerweile ein regelrechtes Spezialistenfach. Ob das tatsächlich so sein muss, sei dahingestellt. Das Hagener Ensemble singt Purcells 330 Jahre alte Musik jedenfalls weit mehr als nur ordentlich und stellt erneut seine enorme Vielseitigkeit unter Beweis. Für den Opernchor (Leitung: Wolfgang Müller-Salow) ist es sogar die reinste Sternstunde. Doch um die Fangemeinde der Barockoper von außerhalb zu locken, wird das vermutlich nicht reichen. Und ein breites Stadttheaterpublikum lässt sich mit Barockopern nur schwer locken. Händels „Wassermusik“ ist da schon ein besseres Argument. Sie ist geradezu ein Schlager aus der „Klassik“-Hitparade. Auch sie ist mit einer guten halben Stunde Aufführungsdauer übrigens ein bisschen kurz für einen halben Theaterabend. Maestro Rodrigo Tomillo hat deshalb noch eine Ouvertüre aus einem Händel-Oratorium eingebaut: „Judas Maccabaeus“. Das passt durchaus und Händel hätte es sicher nicht übel genommen. Händel hat seine Musik selber ständig nach dem Baukastenprinzip neu zusammengestellt. Für das Orchester ist die Herausforderung nicht gerade gering. Einzelne Instrumentengruppen wie die Hörner sind extrem gefordert – und sie können überzeugen.

Die Choreografie zur getanzten Liebesgeschichte stammt übrigens von einem Gast: Francesco Nappa. Vom scheidenden Ballettdirektor Alfonso Palencia gibt es also nicht einmal ein Abschiedsstück. Wie auch immer: Nappas Arbeit ist ausdrucksstark und setzt die Energie der Musik sehr schön in Bewegung um. Das gilt auch für das Motiv des Wassers, welches in einer sehr gelungenen, eindringlichen Liebesszene als funkelnde Spritzer im Gegenlicht sogar auf der Bühne auftaucht. Nappas Stil wird von einer Vielzahl von Hebefiguren geprägt. In eben jener Liebesszene gelingen sie in Vollendung. In anderen Sequenzen wirkt es auch mitunter als etwas zu viel des Guten.

Nappa hat es übrigens nicht übers Herz gebracht, das tragische Ende der Oper zu übernehmen: Die verlassene Dido stirbt nicht mehr aus Gram, sondern lässt ihren Aeneas ziehen – aus Liebe.

„Wassermusik und Dido and Aeneas“ | R: Francis Hüsers | 27.6., 10.7. 19.30 Uhr, 7.7. 15 Uhr | Theater Hagen | 0233 12 07 32 18

Karsten Mark

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