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Foto: Patrick Gawandtka

Zeitreise mit Muse

03. Februar 2025

„Von Thalia geküsst“ im Opernhaus – Auftritt 02/25

Nicht wenige hatten wohl feuchte Augen, als anno 1967 das Wuppertaler Thalia-Theater abgerissen wurde. 1906 wurde der rund 2000 Zuschauer fassende Prachtbau errichtet, ab 1933 und nach dem Verkauf 1953 sanken die Besucherzahlen bis zu Schließung.

Von 1929 bis 1933 hatte das Haus unter der Leitung von Robert Riemer seine Blütezeit. Mit diesen vier Jahren beschäftigt sich die Wuppertaler Oper, indem sie mit dem Titel „Von Thalia geküsst“ eine „Wupperetten-Revue“ aus der Taufe hebt. Doch wer mit einem kulturhistorischen Abriss und mit dem Genre entsprechenden schmissig inszenierten Beispielen dieser Zeit rechnet, wird enttäuscht. Lediglich am Anfang und Ende gibt es detaillierte Schilderungen seitens des Juden Riemer, der über seinen schwierigen, kostenintensiven Beginn und die Repressalien der Nazis gegen ihn mit Folge seiner Entlassung berichtet und in diesem Zusammenhang seine Erfolge aufzählt. Außerdem gibt es Auftritte der damaligen Stars Vera Schwarz und Walter Zierau.

Eher richtet sich der Blick von Regisseurin und Opernintendantin Rebekah Rota und ihrer Dramaturgin Laura Knoll (Buch und ein wenig steife Dialoge) auf zwei fiktive Liebesverhältnisse: Zum einen sind es Felix vom Thalia-Chor und die anfangs von oben herabschwebende Muse Thalia, die sich als Thali unter das Ensemble mischt. Zum anderen entsteht eine Liaison zwischen der Schwester von Felix, Luise, und dem Journalisten Peter. Diese beiden Geschichten sind Anlass für die Darbietung von 25 Operetten-Stücken der damaligen Zeit Ralph Benatzkys, Carl Millöckers, Franz Lehárs & Co. Präsentiert wird also ein Pasticcio-Stück, eine Zusammenstellung von Musik verschiedener Komponisten und aus verschiedenen Werken.

Zu einem Bühnenbild (Sabine Lindner) mit halbrunden Bögen, beweglichen Treppen und Wänden wie schicken Kostümen aus dem Barock und den 1930er Jahren (Elisabeth von Blumenthal) werden diese unterhaltsam geboten. Die Choreografie (Edison Vigil) zeichnet sich zwar nicht durch das hohe Niveau wie an professionellen Revuetheatern aus. Dessen ungeachtet legen sich die Tanzstatisterie und der Opernchor der Wuppertaler Bühnen (auch stimmlich) mächtig ins Zeug.

Die acht Gesangssolisten überzeugen darstellerisch und gesanglich, werden ihren Rollen voll gerecht: Edith Grossmann als Talia, Elia Cohen-Weissert (Luise Funke), Zachary Wilson (Felix Funke), Merlin Wagner (Peter Herzenbruch), Oliver Weidinger (Robert Riemer), Vera Egorova (Frieda Riemer), Sangmin Jeon (Walter Zierau). Anstatt der erkrankten, dennoch schauspielernden Margaux de Valensart singt Rinnat Moriah aus dem Off die Partei der Vera Schwarz.

Aus dem Graben kommt kultiviert und munter, schwelgerisch wie schmissig, die Musik, vom Sinfonieorchester Wuppertal elegant intoniert. Dafür sorgt auch Jan Michael Horstmann, Chefdirigent der Mitteldeutschen Kammerphilharmonie in Schönebeck. Der Ex-Wuppertaler, der hier sein Abitur machte, lotst die Musiker umsichtig durch die teils von ihm selbst erstellten Partituren und achtet sorgsam auf die für die Sänger angenehmen Dynamiken und Tempi. Das Publikum spendet stürmischen Beifall, der in stehende Ovationen mündet.

Von Thalia geküsst | 8., 15.2., 1., 15.3., 18.5., 6., 14., 27.6., 13.7. | Opernhaus Wuppertal | 0202 563 76 66

Hartmut Sassenhausen

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