Natürlich durfte man sich auf diese Ausstellung freuen: Die Malereien und Zeichnungen von Tomma Abts sind in der Kunsthalle Düsseldorf zu sehen. Von Tomma Abts, die schon vor der Verleihung des britischen Turner Preises 2006, aber erst recht danach mit ihren präzis gemalten, konkreten Bildern bekannt wurde, sind selten mehrere Arbeiten zu sehen – schon deshalb, weil diese langsam entstehen und es nicht so viele gibt. Stets im eher kleinen Porträtformat von 48 x 38 cm mit Öl und Acryl auf Leinwand gemalt, besitzen sie etwas von Ikonen. Sie bleiben bei sich und geben nur wenig preis. Einen Gestus gibt es hier nicht zu sehen. Gegeben sind geometrisch ausgezirkelte Verhältnisse, Flächen und Bahnen in strenger Organisation. Sie verfügen oft über eine gedeckte Tonalität, die an Zwielicht denken lässt. Natürlich sind bei dieser Malerei alle Konstituenten wichtig, Tomma Abts hat dies weiter erkundet, etwa indem sie eine Leinwand mit einem schrägen Schnitt in zwei Hälften geteilt und dadurch den Bildträger betont hat. Die Auswahl in der Kunsthalle Düsseldorf zeigt nun, wie sehr doch jede Malerei ihre eigene Geschichte besitzt, die mit genauem Sehen zu tun hat. So sind auf der Fläche einzelne monochrome Bahnen durch die malerische Geschlossenheit hervorgehoben. Akkurat eingezeichnete Schatten klären derartige Verhältnisse räumlich. Nur, was ist mit diesem Illusionismus, der auf die ausschnitthafte Erfassung einer denkbaren realen Situation verweist, gewonnen?
Bei Yuji Takeoka, dessen Bodenobjekte und Wandstücke derzeit im Quadrat Bottrop gezeigt werden, verhält es sich sozusagen umgekehrt. Seine Objekte werden zunächst funktional assoziiert und lösen sich dann von aller zweckgebundenen Realität. Der Japaner Yuji Takeoka konzentriert sich in seiner Arbeit bevorzugt auf Formulierungen, die selbst vom Zeigen handeln und Display zur Präsentation sind: Vitrinen, Sockel und konsolen-artige Wandstücke. Wie genau aber seine Arbeiten gestaltet sind, verdeutlichen in Bottrop besonders die Wandstücke. In der Negativform ist ein Kubus ausgespart, der die idealen Proportionen betont. Die Flächen sind homogen monochrom überzogen, in dichter Konsistenz. Im Grunde treffen hier das Meditative und Konzentrierte seiner Heimat und die Konzeption der westlichen Minimal Art aufeinander. Die Objekte von Yuji Takeoka bestechen durch Einfachheit, werden dann aber immer komplexer. In Bottrop sind sie in einen Zusammenhang mit den Bildern von Josef Albers gesetzt: Deutlich wird, wie sehr es Yuji Takeoka um ein Ausloten von Farben geht und wie sehr er die Formen reduziert hat. Demgegenüber wirken die Bilder von Tomma Abts geradezu üppig und fast verspielt. Tomma Abts, geb. 1967 in Kiel, lebt in London und hat seit einem Jahr eine Professur an der Kunstakademie Düsseldorf inne. Yuji Takeoka, geb. 1946 in Kyoto, lebt in Düsseldorf und lehrt als Professor an der Kunsthochschule in Bremen. Beide arbeiten gegenstandsfrei mit einem konkreten Inventar, das macht sie in mancherlei Hinsicht vergleichbar. Aber die Konzepte dahinter sind total verschieden.
Tomma Abts
Bis 9.10. I Kunsthalle Düsseldorf
Yuji Takeoka: Museo
Bis 11.9. I Josef Albers Museum, Quadrat Bottrop
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