engels: Herr Carl, was macht die Schmersal GmbH in China?
Henning Carl: Die Firma Schmersal fertigt seit dem 9.9.1999 für den chinesischen Markt verschiedene Schalter für den Bereich Sicherheitstechnik. Fokus dabei ist, den Bedarf unserer Kunden in China zu bedienen. Über 90 Prozent der Produkte, die wir in China bauen, bleiben auch in China, wo wir inzwischen 120 Mitarbeiter beschäftigen.
Ihr Engagement in Fernost gefährdet also hier keine Arbeitsplätze?
Ganz im Gegenteil – unser Werk in China hat zur Schaffung und Erhaltung vieler Arbeitsplätze in Wuppertal geführt. Viele Komponenten der Endprodukte werden hier hergestellt und per Schiff und Flugzeug nach China gebracht. Ein entscheidender Grund für uns, in China zu fertigen, ist die Schnelligkeit: Nur so gelingt es uns, die gewünschte Variante unseres Produktes schnell und marktgerecht vor Ort zu haben. Denn wir bieten unsere Produkte in Hunderten von Varianten an, die wir nicht alle ab Lager liefern können. Deshalb montieren wir vor Ort, in der Nähe unserer Kunden. Würden wir das in Wuppertal tun, würde der Transport zum Kunden zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Der Lohnvorteil ist also nicht das allein ausschlaggebende Argument, Teile der Produktion ins Ausland zu verlagern.
Zahlen Sie mehr Gehalt als andere Firmen in China?
China ist fast ein Kontinent für sich. Innerhalb des Landes gibt es sehr starke Lohnunterschiede. Wir zahlen zum einen deshalb mehr, weil unser Werk in der Nähe von Shanghai liegt. Dort ist das Lohnniveau sowieso höher als zum Beispiel im Osten Chinas. Aber wir zahlen auch mehr als andere Unternehmen in Shanghai.
Warum?
Wir haben eine extrem geringe Fluktuation und profitieren davon. Auch sonst liegt uns viel daran, eine fast familiäre Atmosphäre unter den Mitarbeitern zu schaffen. Schmersal ist ein Familienunternehmen. Wir machen z. B. regelmäßige Betriebsausflüge in die Berge. Wir würden auch nicht akzeptieren, dass die Mitarbeiter auf dem Boden sitzen, wie Sie dies in manchen chinesischen Firmen beobachten können. Jeder unserer Mitarbeiter in China hat einen ebenso gut ausgerüsteten Arbeitsplatz wie die Kollegen in Wuppertal.
Welches sind die größten Missverständnisse im Verhältnis zwischen den Ländern?
Der größte Fehler, den wir Deutsche machen können, ist, sich nicht mit der chinesischen Kultur auseinanderzusetzen. Dieses sehr große Land hat es geschafft, innerhalb von 5.000 Jahren eine Organisationsstruktur aufzubauen und mit einer einzigen Schriftsprache auszukommen. Aus China stammen Innovationen wie das Papier und das Porzellan. Die chinesische Kultur ist sicherlich anders, aber sie ist keinesfalls schlechter als unsere.
Ist es für ein Unternehmen schwer, sich in einem ehemals kommunistischen Land zu engagieren?
Es gibt Einschränkungen. Grundstücke werden ausländischen Investoren für maximal 50 Jahre überlassen. Es gibt allerdings unterschiedliche Industriezweige, die unterschiedlichen Regelungen unterworfen sind. Dadurch, dass wir mit unserer Sicherheitstechnik Menschenleben retten, erhielten wir bereits 1999 die Erlaubnis, ohne chinesische Beteiligung das Werk aufbauen. In anderen Branchen ist das nicht möglich.
Gibt es Probleme mit Produktpiraterie?
Dieses Problem gibt es nicht nur in China. Sicherlich werden gelegentlich auch einzelne unserer Produkte nachgebaut. Aber bei vielen Produkten passiert das auch deshalb, weil es sie schon lange auf dem Markt gibt, sie patentrechtlich nicht geschützt sind und in ähnlicher Form von vielen Firmen angeboten werden. Ansonsten gehen wir gegebenenfalls auch mit Hilfe der Verbände juristisch dagegen vor. Unsere chinesischen Kunden, die ihre Maschinen mit Sicherheitstechnik von Schmersal ausrüsten, wollen diese auf dem europäischen Markt verkaufen und nehmen allein deshalb schon keine Plagiate, um in Europa durch die Sicherheitsabnahme zu kommen. Man schmückt sich gern mit Schmersal-Schaltern. Die besten Mittel gegen Plagiate sind Innovation und Qualität. Wenn wir immer die Nase vorn haben, können nur ältere Produkte nachgebaut werden.
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