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Ausgebeutet und gegeneinander aufgehetzt

27. Februar 2025

Teil 2: Leitartikel – Wie der Westen Afrika in die Dauerkrise gestürzt hat

Seit jeher tragen Völker und Nationen gewaltsam Konflikte aus. Gründe dafür gibt es viele. Im globalen Süden liegen die Wurzeln der meisten aktuellen Konflikte jedoch im Kolonialismus, in der Eroberungs- und Unterwerfungspolitik, die Afrika zum Krisen- und Katastrophen-Kontinent gemacht hat.

Der globale Norden ist seit 1945 friedensverwöhnt. 80 Jahre weitgehend Ruhe und Wohlstand. In Afrika gibt es Regionen, die seit über 100 Jahren nur Krieg kennen. In der heutigen Demokratischen Republik Kongo (DRC) haben die Menschen seit 130 Jahren keinen echten Frieden erlebt. Seit 1888 löst dort ein Konflikt den nächsten ab – von der Kongo-Krise über die Shaba-Invasion und die drei Kongo-Kriege, bis zum Konflikt im Ostkongo. Im Jahr 1888 begehrten die Menschen auf gegen die Ausbeutung durch Belgiens König Leopold II., deren Brutalität selbst für damalige Verhältnisse beispiellos war und international kritisiert wurde. Leopold musste seine Privatkolonie an den belgischen Staat verkaufen, doch änderte das vor Ort wenig. Weil dieses Land so reich an Bodenschätzen ist, wird es bis heute ausgeblutet. Gerade macht die DRC erneut Schlagzeilen, M23-Rebellen aus Ruanda haben Tausende ermordet und über 400.000 Menschen zur Flucht gezwungen. Die Wurzeln all dieser Konflikte liegen in Kolonialismus und Imperialismus. Teile und herrsche – mit dieser Politik hat Europa tiefe Gräben geschaffen. 

Bodenschätze für Europa 

In Ruanda lebten vor der Kolonialzeit Hutu, Tutsi und Twa in relativer Harmonie. Erst mit der belgischen Kolonisierung und der Einführung von Personalausweisen, die zwischen den Gruppen unterschieden, erwuchsen aus der Frage der Ethnie größte Spannungen. Während der gesamten Kolonialzeit wurde die Tutsi-Minderheit gegenüber den Hutu bevorzugt. Bereits 1959 rebellierten Hutu gegen die belgische Kolonialmacht und die Ungerechtigkeiten und zwangen Tutsi zur Flucht. Man schätzt, dass Mitte der 60er Jahre die Hälfte der Tutsi-Bevölkerung außerhalb Ruandas lebte. Im Jahr 1994 gipfelte der Konflikt im Völkermord, dem bis zu eine Million Menschen, überwiegend Tutsi, zum Opfer fielen.

Seit über 50 Jahren herrscht im Sudan Krieg. Hintergrund ist ebenfalls das koloniale Erbe, hier der Aufteilung Darfurs zwischen den Stämmen, wobei einigen Stämmen Landgebiete zugewiesen wurden und anderen nicht. Jahrzehnte der Trockenheit und Wüstenbildung verschärften die Konflikte. So hat auch der Darfur-Krieg, der vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) als Völkermord an nicht-arabischen Völkern verurteilt wurde, seine Wurzeln im Kolonialismus.

Globales Erinnern 

Ein noch früherer Völkermord wurde im heutigen Namibia von deutschen Truppen begangen. Vor 120 Jahren erhob sich das Volk der Herero gegen die deutsche Kolonialmacht. Grund war der Raub ihres Weidelandes durch Siedler in „Deutsch-Südwestafrika“. Die militärische Antwort durch Lothar von Trotha führte zum ersten Völkermord auf afrikanischem Boden. Erst 117 Jahre später erkannte Deutschland dieses Verbrechen als Völkermord an. In ihrem Koalitionsvertrag hatten Union und SPD festgeschrieben, dass die deutsche Kolonialvergangenheit ebenso Bestandteil der deutschen Gedenkkultur sein sollte wie NS-Vergangenheit und DDR. In der aktuellen Migrations-Debatte scheint das alles vergessen zu sein. Ohnehin kann nur eine echte, globale Erinnerungskultur weitere Konflikte eindämmen. „Nur eine solidarische Welt kann eine gerechte und friedvolle Welt sein“, mahnte Bundespräsident Richard von Weizsäcker im Jahr 1986. Heute rückt Solidarität und somit die Hoffnung auf Frieden in immer weitere Ferne.

Tina Adomako

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