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Marie Klaiß und Katrin Weber (r.) unterstützen von häuslicher Gewalt betroffene Frauen und Kinder
Foto: Frauen helfen Frauen e.V.

Häusliche Gewalt ist nicht privat

26. Juli 2024

Teil 1: Lokale Initiativen – Frauen helfen Frauen e.V. und das Wuppertaler Frauenhaus

Im eigenen Zuhause Gewalt zu erfahren ist keinesfalls das Schicksal einzelner Frauen, sondern ein gesellschaftliches Problem. Die Zahlen der polizeilich registrierten Fälle sind laut Bundeskriminalamt in den letzten Jahren gestiegen. Entsprechend dringend ist es, Hilfe und Schutz für Betroffene anzubieten. Der Wuppertaler Verein Frauen helfen Frauen hat dazu zwei Projekte ins Leben gerufen: Die Fachberatungsstelle Häusliche Gewalt und Stalking sowie das Frauenhaus, das mittlerweile seit 45 Jahren besteht. Dort finden volljährige Frauen sowie Mütter mit ihren Kindern Unterstützung und eine vorübergehende anonyme Wohnmöglichkeit. Darüber hinaus klärt der Verein mittels politischer Kampagnen über Gewalt gegen Frauen auf.

In die Öffentlichkeit 

Frauenhäuser sind aus der autonomen Frauenbewegung hervorgegangen, die das Gewaltproblem aus dem Privaten in die Öffentlichkeit holen wollte, erklären Marie Klaiß und Katrin Weber. Beide sind Sozialarbeiterinnen im Frauenhaus Wuppertal, Klaiß seit zwei Jahren, Weber seit 34. Häusliche Gewalt kann in körperlicher, sexualisierter, seelischer, sozialer und ökonomischer Form auftreten. Daher hilft das Frauenhaus nicht nur mit einer Unterkunft, sondern auch bei finanziellen und rechtlichen Angelegenheiten sowie bei der Entwicklung neuer Perspektiven. Um die Situation Betroffener zu verbessern, vernetze sich der Verein mit lokalen Arbeitskreisen und auf Landes- und Bundesebene mit anderen autonomen Frauenhäusern, so Klaiß und Weber.

„Kinder spielen eine große Rolle im Frauenhaus, denn ein Frauenhaus ist immer auch ein Kinderhaus“, gibt Weber zu bedenken. Mittlerweile seien die Auswirkungen von miterlebter häuslicher Gewalt auf Kinder vielfach belegt. Unter einem Alltag, der von Streit, Angst, Drohungen und Schlägen geprägt sei, leide die Persönlichkeitsentwicklung, es komme zu Schulproblemen, körperlichen Beschwerden, Schlafstörungen, Wutanfällen, Essstörungen oder Bettnässen. „Studien zeigen, dass Kinder, die in einer Atmosphäre von Gewalt aufwachsen, ein erhöhtes Risiko haben, später selbst Opfer oder Täter zu werden“. Betroffene Kinder zu schützen bedeute darum zugleich, Taten vorzubeugen.

Verhalten ändern 

Immer wieder erreichen Rückmeldungen von ehemaligen Hausbewohnerinnen das Team: Sie betonten, wie sehr die Unterstützung und das Zusammenleben mit den anderen Frauen geholfen haben. „Für mich als eine der neuen Kolleginnen stellt der professionelle Umgang mit den Geschichten und Erlebnissen der Bewohnerinnen und ihrer Kinder immer neue Meilensteine dar“, fügt Klaiß hinzu. Besondere Momente fänden für sie vor allem in Alltagssituationen statt, die frei von jeglichem Stress seien, etwa beim Besuch eines Spielplatzes oder beim Feiern von Festen. Grundsätzlich betrachten die Mitarbeiterinnen jede Frau, die sich mit Hilfe des Frauenhauses aus einer Gewaltbeziehung befreit oder das Frauenhaus gestärkt verlässt, als einen Erfolg.

Die Arbeit des Vereins erfährt Unterstützung durch die Stadt, andere Institutionen und Wuppertals Bevölkerung. Der hohe Arbeitsaufwand sowie der Mangel an Kita- und Schulplätzen erschwerten dennoch die Durchführung von Hilfsangeboten und die Rückkehr der Kinder in einen geregelten Alltag. 

Marie Klaiß und Katrin Weber sprechen sich dafür aus, dass bestehende Gesetze zum Schutz von Frauen und Kindern konsequent angewendet werden und Täter zur Rechenschaft gezogen werden. Darüber hinaus sei es entscheidend, dass Täter ernsthaft an einer Verhaltensänderung arbeiten – diese gesellschaftliche Erwartung richte sich bislang unverständlicherweise vor allem an betroffene Frauen.

Anne Caroline Ernst

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