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Ein seltener Lichtstrahl in der Dunkelheit des Nordens: Birgit Minichmayr in „Gnade“
Jakub Bejnarowicz

„Ich bleib bei meinen Leisten“

27. September 2012

Birgit Minichmayr über „Gnade“, das Arbeiten mit einem eingespielten Team und einen „Tote Hosen“-Hit – Roter Teppich 10/12

Geboren wurde Birgit Minichmayr 1977 im österreichischen Linz. Nach einer Ausbildung am renommierten Max-Reinhardt-Seminar in Wien begann schnell ihre erfolgreiche Theater- und Filmkarriere. Im „Jedermann“ bei den Salzburger Festspielen wirkte sie ebenso mit wie in zahlreichen Stücken am Wiener Burgtheater, an der Volksbühne Berlin oder im Residenztheater München. Ende September erhielt sie die Auszeichnung „Pro Meritis scientiae et litterarum“ für besondere Verdienste in der Kunst in Bayern. Nach Rollen in „Das weiße Band“, „Alle anderen“ und „Der Knochenmann“ ist sie nun an der Seite von Jürgen Vogel in Matthias Glasners neuem Film „Gnade“ in unseren Kinos zu sehen, der dieses Jahr im Wettbewerb der Berlinale um den Goldenen Bären konkurrierte.

engels: Frau Minichmayr, der Film spielt in der Dunkelheit, Kälte und Abgeschiedenheit des Hohen Nordens. Inwiefern hat sich diese Situation auch auf Sie persönlich während der Dreharbeiten ausgewirkt?
Birgit Minichmayr: Insofern, dass ich zum ersten Mal so hoch im Norden war und überhaupt nicht dran gewöhnt war, an zwei Stunden Tageslicht. Natürlich schlug sich das auf mein Gemüt und wurde leichter, je mehr Licht ich bekam.

Sie sprechen im Film große Teile Ihres Dialogs auf Norwegisch. Ist Ihnen das Erlernen der neuen Sprache schwer gefallen?
Nein, gar nicht. Ich hatte zwei wunderbare norwegische Lehrer, die mir abwechselnd die Sprache beibrachten. Ich hatte große Freude daran, allerdings wurde – wie so oft bei mir – alles ins Kurzzeitgedächtnis geschoben. Viel kann ich nicht mehr. Leider!

Sehen Sie Parallelen in der Herangehensweise bei deutschen und skandinavischen Arthouse-Produktionen?
Es war, glaub ich, das allererste Mal für Matthias Glasner, dass er ein Buch eines anderen [Kim Fupz Aakeson; die Red.] verfilmte. Und diese Entscheidung hat, denke ich, mal nur mit dem Gefallen an dem Stoff zu tun, den er verfilmen wollte. Über die Herangehensweise kann ich nichts sagen, aber auffallend waren für mich diese tollen norwegischen Kollegen.

Matthias Glasners ganz eigener Stil macht seine Filme unverwechselbar. Ist davon auch schon während der Dreharbeiten etwas zu spüren?
Ja natürlich, seine ganz eigene Art Regie zu führen, so wie jeder auf seine ganz eigene Weise etwas tut.

Matthias Glasner hat Sie in einem Interview als Rampensau bezeichnet. Finden Sie selbst diese Charakterisierung zutreffend?
Er bezieht sich auf eine Aufführung, die er von mir auf der Bühne gesehen hat und natürlich betreibe ich meinen Beruf nicht, um unauffällig zu bleiben. Insofern ist es für mich nicht schlimm, wenn er meint, ich sei eine Rampensau.

Jürgen Vogel und Matthias Glasner haben schon etliche Filme zusammen gedreht. War es schwierig, zu diesem eingespielten Team dazu zustoßen?
Nein, ganz im Gegenteil. Ich hatte keine Sekunde das Gefühl, ich müsste um Aufmerksamkeit kämpfen. Sie arbeiten und kennen sich schon sehr lange, aber verhalten sich nie, als würde man nicht an sie rankommen, als würden sie jemand anderen nicht zulassen.

Wurde am Set viel improvisiert oder waren die Dialoge durch das Drehbuch eng vorgegeben?
Es gab vielleicht die ein oder andere kleine Improvisation, vor allem im Krankenhaus, aber das war minimal. Wir hielten uns schon sehr ans Drehbuch, auch in den Dialogen.

Sie scheinen Ihre Filmrollen mit großer Sorgfalt auszuwählen. Lehnen Sie viele Angebote ab oder sind Sie ohnehin eher auf dem Besetzungsradar anspruchsvoller Autorenfilmer?
Ja, ich wähle aus, was ich arbeiten möchte. Aber ich empfinde nicht, dass die Bücher, die mir zugeschickt werden, einem Genre angehören. Meine Auswahl ist sicher intuitiv motiviert. Anders ausgedrückt: Es interessieren mich die Fragen: Was ist das für eine Geschichte, wer erzählt sie und was hat das mit mir zu tun?

Ist es schwierig, Ihre umfangreiche Theaterarbeit mit Filmprojekten zu koordinieren?
Nicht wirklich, da man ja mittlerweile weiß, dass ich während dem Drehen auch Vorstellungstermine habe und umgekehrt. Es ist manchmal terminlich etwas kompliziert, aber alles war bis jetzt immer machbar.

Klaus Maria Brandauer war einer Ihrer Schauspiellehrer am Max-Reinhardt-Seminar, nun haben Sie mit ihm für „The Boundary Man“ vor der Kamera gestanden. War das für Sie als Schauspielerin eine ungewöhnliche Konstellation?
Nein, im Gegenteil: Es war endlich einmal Zeit dafür, sich als Kollegen zu begegnen.

Der Tote Hosen-Hit „Tage wie diese“ wurde von Ihnen mitgetextet. Der Beginn einer lukrativen Zweitkarriere als Songschreiberin?
Nein, nicht wirklich. Das war eher Zufall, auch dass dieses Lied so angenommen wurde. Ich bleib bei meinen Leisten.

Interview: Frank Brenner

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