„Alt sein heißt nicht stumm sein“. So lautet das Motto der Omas gegen Rechts. Die zivilgesellschaftliche, parteipolitisch unabhängige Initiative setzt sich für eine freie demokratische Gesellschaft. Eine der aktivsten Ortsgruppen findet man in Bochum. Dazu gehören auch Anette, Lydia und Bärbel. In einem Artikel hatte Lydia über die Hamburger Ortsgruppe der Omas gelesen. „Nie wieder Krieg“, „nie wieder in einem totalitären Staat leben“ – diese Lehre habe sie seit ihrer Kindheit verinnerlicht. Auch der erstmalige Einzug der AfD in den Bundestag 2017 habe die Bochumerinnen dazu bewegt, ein Signal gegen Rechts zu setzen.
Vorteile als Omas
In Deutschland gründete sich Omas gegen Rechts 2018, inspiriert von der österreichischen Initiative. Die Bochumer Ortsgruppe folgte am 27. Januar 2019, dem Holocaust-Gedenktag. Bei der Gründung waren es noch 14 Bochumer Omas, mittlerweile sind es etwa 180. Sie tauschen sich vor allem per E-Mail und die sozialen Medien aus. Einmal im Monat gibt es ein gemeinsames Treffen. Wer dazustoßen möchte, sollte sich vorher mit einer E-Mail melden.
Das Auftreten als Omas bereitet der Gruppe einige Vorteile. Sehr freundlich seien die Menschen ihnen gegenüber. „In Bochum haben wir praktisch noch nie Gegenwind bekommen“, so Lydia. Das ginge manchen Ortsgruppen in Ostdeutschland ganz anders. Auf der Straße versucht die Initiative, aktiv mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Zuletzt wurde mit einer Mahnwache in der Bochumer Innenstadt gegen den steigenden Zuspruch für die AfD demonstriert. Auf einem symbolischen Brandmauer-Plakat wurden Gründe gesammelt, warum es keine Zusammenarbeit geben dürfe. Erschreckend sei, wie weit in die Mitte der Gesellschaft rechtes Gedankengut gerückt sei, vor allem gegenüber migrantischen Mitbürgern. „Wir versuchen, kleine Pflänzchen des Zweifels zu pflanzen“, so Lydia.
Auch Opas willkommen
Neben Demonstrationen und Aktionen auf der Straße ist die Erinnerungskultur ein wichtiges Thema der Arbeit. „Meine Eltern haben alles totgeschwiegen“, so Anette. Das wolle man sich selbst nicht vorwerfen lassen müssen. So wurden bereits Stolpersteine verlegt. 2026 soll in Zusammenarbeit mit dem LWL Krankenhaus Bochum eine Stolperschwelle folgen, die an die Euthanasie-Opfer während der NS-Diktatur erinnert. In einer Theatergruppe erproben einige der Omas Stücke, die sich mit verschiedenen Facetten der eigenen Arbeit auseinandersetzen, beispielsweise Alltagsrassismus. Im Frühling des nächsten Jahres soll in der Bochumer KoFabrik ein kleines Festival stattfinden, bei dem ein neues Stück präsentiert wird.
Zwischen den vielen Krisen und Konflikten sei es auch die „Komplexität des Weltgeschehens“, die einfache Lösungen besonders attraktiv mache. Von Frieden über Inflation und Energiekrise bis zur sozialen Sicherheit – „da geraten alte Gewissheiten geraten ins Wanken“, sagt Bärbel. „Deswegen wählt man aber nicht eine in weiten Teilen faschistische AfD“, so Lydia. Ohnehin sei diese Partei im Kern neoliberal und unsozial.
Grundsätzlich geht es den Omas gegen Rechts um jegliche demokratiegefährdende und autoritäre Tendenzen, nur komme die AfD eben oft zur Sprache. Eine Oma muss man nicht sein, um sich zu engagieren – und auch Opas heißt die Gruppe willkommen. Wichtig sei vielmehr die gemeinsame Haltung. Und sowieso, sagt Bärbel, „wahre Oma ist man im Herzen“.
GEBEN UND NEHMEN - Aktiv im Thema
mpg.de/436210/forschungsSchwerpunkt1 | Beitrag der Historikerin Ute Frevert über „Die Geschichte der Gefühle“
klimawandelanpassung.at/newsletter/nl40/kwa-motivationanpassung | Kompakter Überblick über Faktoren, die Menschen angesichts des Klimawandels (nicht) zum Handeln motivieren.
fra.europa.eu/sites/default/files/fra_uploads/fra-2018-effectively-communicating-human-rights-booklet_de.pdf | Die Handreichung der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) fasst zusammen, wie sich Menschenrechte gut vermitteln lassen.
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