„Billy Budd“ von Benjamin Britten, derzeit am Musiktheater im Revier sehen, ist ein reines Männerstück. In Aribert Reimanns „Bernarda Albas Haus“ dagegen kommen nur Frauen vor: Ab dem 6. Mai zeigt Gelsenkirchen die Oper nach einer Vorlage von Federico García Lorca.
Freiheit, Gefühle, Liebe: Das alles gilt nicht in dem Haus, das Bernarda Alba nach dem Tod ihres zweiten Ehemannes beherrscht. Fünf Töchter, die älteste fast vierzig, die jüngste gerade mal zwanzig, werden von der Außenwelt abgeschirmt. Acht Jahre sollen sie Trauer tragen, das Haus nicht verlassen. So diktiert die Tradition. Deren Maßstab gilt für alles, dem haben sich die Menschen unterzuordnen. Die heiße, helle Sonne Spaniens muss draußen bleiben, drinnen herrschen Schatten und eine erstarrte, eisige Herrschaft.
Aribert Reimann, der 1936 geborene Altmeister der zeitgenössischen Oper, hat dieses Werk für die Bayerische Staatsoper München geschaffen, wo es im Jahr 2000 uraufgeführt wurde. Nur wenige Male nachgespielt, war es seit 20 Jahren nicht mehr auf einer Bühne zu sehen. In Gelsenkirchen macht Dietrich W. Hilsdorf daraus einen Abend über die Kämpfe und Sehnsüchte unterdrückter Frauen. Die repressive Herrschaft einer übermächtigen, doch seelisch schwer beschädigten Mutterfigur spiegelt die gesellschaftlichen Verhältnisse im Spanien der dreißiger Jahre wider.
Doch auch wenn diese archaische Ordnung überwunden ist: Der Konflikt zwischen Dominanz und Selbstbestimmung muss immer wieder neu ausgetragen werden. Und schließlich stellt „Bernarda Albas Haus“ auch die kritische Frage nach den Mechanismen, mit denen weiblichen Leidenschaften und Begierden der Raum verwehrt wird, sich zu entfalten. Es ist die jüngste Tochter Adela, die schließlich offen gegen die Mutter rebelliert, den Schlagstock zerbricht, aber ihr Glück dennoch nicht findet.
In Gelsenkirchen dirigiert mit Johannes Harneit ein erfahrener Spezialist für zeitgenössische Musik das Orchester, in dem zwölf Celli ein düsteres Klangfeld bilden und vier Klaviere den Grundrhythmus angeben. Auf helle, weiche Instrumente wie hohe Streicher, Oboen und Hörner verzichtet Reimann. Die Titelrolle gestaltet Almuth Herbst, an ihrer Seite ist als Magd La Poncia Sabine Hogrefe zu erleben.
Bernarda Albas Haus | 6., 12., 18., 27.5., 4., 10., 24.6. | Musiktheater im Revier | 0209 40 97 200
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