Es war Konrad Adenauer, damals noch als Oberbürgermeister von Köln, der den Gründungsdirektor der Musikhochschule Walter Braunfels wieder zu seinem einstigen Amt verholfen hatte. Braunfels kehrte 1947, nach zehn Jahren, aus seinem beschaulichen Rückzugsort am Bodensee wieder in die Domstadt zurück – vor allem aber kehrte er aus der inneren Emigration in das öffentliche Musikleben zurück. Zumindest als Musikpädagoge. Denn als Komponist war innerhalb von zwanzig Jahren aus dem gefeierten Neuerer ein Vertreter überkommener Zeiten geworden.
Braunsfels‘ Musik galt als altmodisch, zu sehr noch in spätromantischen Traditionen verhaftet. Damit wollten die Nachkriegsavantgardisten der Neuen Musik nichts mehr zu schaffen haben. Und selbst als Hochschullehrer war für Braunfels nicht wieder alles beim Alten: Die nazitreuen Musiker und Kulturfunktionäre, die ihn nach der Machtergreifung als „Halbjuden“ kaltgestellt und seine Musik als „entartet“ demontiert hatten, waren zum Teil immer noch einflussreich und machten ihm das Leben schwer. Mit Eintritt in den Ruhestand ging Braunfels zurück an den Bodensee. Erst ganz am Ende seines Lebens kam er noch einmal nach Köln zurück und liegt dort nun auf dem Südfriedhof begraben.
Die Oper Köln zeigt nun den größten Erfolg Braunfels‘, ziemlich genau 101 Jahre nach der Uraufführung in München, als Neuproduktion: Die Vögel. Basierend auf einer antiken Komödie von Aristophanes kehrte der Komponist in seiner Opernadaption den Stoff in seiner Grundstimmung um und machte eine Tragödie daraus. Entscheidend für diesen Umschwung war seine Erfahrung aus dem Ersten Weltkrieg, der die Arbeit an der Oper jahrelang unterbrochen hatte und in dem Braunfels selber verwundet wurde.
Nadja Loschky, die vor drei Jahren mit Rusalka ihren Einstand in Köln gab, inszenierte das „lyrisch-phantastische Spiel in zwei Aufzügen“ neu. Als Co-Regisseur fungiert Wolfgang Nägele. Die musikalische Leitung hat der Dortmunder Generalmusikdirektor Gabriel Feltz, der bereits Wolfgang Korngolds „Die tote Stadt“ in Köln dirigierte. Auf der Bühne zu erleben sind Ensemblemitglieder der Oper Köln wie Samuel Youn, Gäste wie Ana Durlovski, Joshua Bloom und Burkhard Fritz.
Die Vögel | R: Nadja Loschky, Wolfgang Nägele | 5., 12., 25.12. 18 Uhr, 10., 15., 18., 28., 30.12. 19.30 Uhr | Oper Köln | 0221 22 12 84 00
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