Es ist keine Oper der beliebten Gassenhauer, obwohl Giuseppe Verdi in der Titelpartie einen seiner tiefgründigsten Charaktere geschaffen hat: „Simon Boccanegra“ hatte nie den durchschlagenden Erfolg etwa eines „Troubadour“. Schon die Uraufführung 1857 in Venedig wurde unterschiedlich beurteilt: Die einen lobten die Nähe der Musik zum Text, die Eleganz der Instrumentation, die inspirierte Melodik. Die anderen bemäkelten „abstruse“ Harmonik und geißelten das verworrene Libretto.
In der Tat: Die Geschichte des Genueser Dogen Simon Boccanegra nachzuerzählen, erfordert Mühe. Der erfolgreiche und beliebte Korsar Simon liebt Maria, die Tochter eines Patriziers, und hat mit ihr ein Kind. Der Vater verweigert die nicht standesgemäße Heirat, Maria stirbt im Hausarrest und das Kind verschwindet spurlos. 25 Jahre später erkennt Simon in der jungen Amelia Grimaldi seine Tochter wieder. Zwei Männer werben um die Frau, der Höfling Paolo und der Patriziersohn Gabriele – letzterer der Geliebte Amelias. Simon verweigert als Doge Amelias Hand dem eifersüchtigen Paolo, der daraufhin tödliche Rache schwört. Entführungsversuch, Aufstand, Giftanschlag: Die Intrigen überschlagen sich. Am Ende wird Simon Boccanegra Opfer des tödlichen Gifts Paolos.
Das spektakuläre Drama voll szenischer Kontraste und aufwühlender Musik setzt am Aalto-Theater eine der profiliertesten Opernregisseurinnen in Szene: Tatjana Gürbaca, die in Essen bereits Webers „Freischütz“ und Wagners „Lohengrin“ ausgedeutet hat, verspricht, aus den verschlungenen Wegen der Handlung eine überraschende Geschichte in neuem Licht zu entwickeln. Giuseppe Finzi ist ein Dirigent mit reicher Opernerfahrung, die er an vielen Theatern seiner Heimat Italien, aber auch an großen Opernhäusern wie San Francisco oder der Deutschen Oper Berlin erworben hat. In den Hauptrollen ist erstmals am Aalto ein Paar zu erleben, das auch privat zusammengehört: Jessica Muirhead fügt ihren vielen prominenten Partien am Aalto-Theater mit der Amelia eine neue hinzu; an ihrer Seite wird Daniel de Vicente als Simon Boccanegra debütieren. Der spanisch-amerikanische Bariton war an vielen Häusern in Nordamerika und Italien zu hören und sang kürzlich erfolgreich die Titelpartie von Verdis „Rigoletto“ in Frankfurt.
Simon Boccanegra | R: Tatjana Gürbaca | 28.1.(P), 17.2., 4., 19.3., 5., 20.4., 6.5., 14.6., | Aalto-Theater Essen | 0201 812 22 00
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Besiegt Vernunft die Leidenschaft?
„Orlando“ an der Oper Köln – Oper in NRW 11/24
Unerwartet Kaiserin
„Der Kreidekreis“ in Düsseldorf – Oper in NRW 11/24
Schäferwagen und Hexenhaus
„Hänsel und Gretel“ am Opernhaus Wuppertal – Auftritt 11/24
Ohne Firlefanz
Premiere von „Salome“ im Wuppertaler Opernhaus – Auftritt 10/24
Horror und Burleske
Die Spielzeit 24/25 am Gelsenkirchener MiR – Oper in NRW 07/24
Opern-Vielfalt am Rhein
„Nabucco“ eröffnet in Düsseldorf die Spielzeit 2024/25 – Oper in NRW 06/24
„Kritische Auseinandersetzung mit der Kolonialzeit“
Kapellmeister Hermes Helfricht über Werner Egks „Columbus“ an der Oper Bonn – Oper in NRW 06/24
Welt ohne Liebe
„Lady Macbeth von Mzensk“ am Theater Hagen – Oper in NRW 05/24
Ethel Smyth und Arnold Schönberg verzahnt
„Erwartung / Der Wald“ im Wuppertaler Opernhaus – Auftritt 05/24
Die Gefahren der Liebe
„Die Krönung der Poppea“ an der Oper Köln – Oper in NRW 05/24
Absurde Südfrucht-Fabel
„Die Liebe zu den drei Orangen“ an der Oper Bonn – Oper in NRW 04/24
„Es geht nicht mehr um den romantischen Naturort“
Manuel Schmitt inszeniert „Erwartung / Der Wald“ an der Oper Wuppertal – Premiere 04/24
Grund des Vergessens: Rassismus
Oper von Joseph Bologne am Aalto-Theater Essen – Oper in NRW 03/24
Verpasstes Glück
„Eugen Onegin“ in Bonn und Düsseldorf – Oper in NRW 02/24
Täuschung und Wirklichkeit
Ein märchenhafter Opern-Doppelabend in Gelsenkirchen – Oper in NRW 02/24
Unterschätzte Komponistin?
„Der schwarze Berg“ an der Oper Dortmund – Oper in NRW 01/24
Geschlossene Gesellschaft
„Flight“ an der Oper Bonn – Oper in NRW 01/24