Die Philharmonie Essen hatte den Neustart bereits im Juni gewagt: Mit ausgeklügeltem Hygienekonzept und reduziertem Platzangebot konnte der Spielbetrieb wiederaufgenommen werden. In der Aalto-Oper nebenan lag die Sache schon wesentlich komplizierter. Sägerinnen und Sänger, die mit großer Stimmgewalt dicht nebeneinander auf der Bühne agieren, sind unter Corona-Bedingungen schlicht nicht denkbar. Doch auch in der Oper muss die Show weitergehen. Und so tastet sich auch das Aalto-Theater im September wieder mit ersten Produktionen in die neue Spielzeit.
„O du, mein holder Abendstern“ ist ein Opernabend betitelt, der nicht weniger als 14 Solisten auf die Bühne bringt – allerdings nicht mehr als zwei gleichzeitig. Denn es sind ausschließlich Arien und Duette von Mozart, Verdi, Wagner, Donizetti, Puccini und Mascagni, die als „wahre Perlen des Opernrepertoires“ erklingen werden. Mitwirkende sind die Ensemble-Mitglieder Christina Clark, Marie-Helen Joël, Giulia Montanari, Jessica Muirhead, Baurzhan Anderzhanov, Carlos Cardoso, Dmitry Ivanchey, Karl-Heinz Lehner, Karel Martin Ludvik, Rainer Maria Röhr, Christoph Seidl, Almas Svilpa, Heiko Trinsinger sowie als Gast Deirdre Angenent. Begleitet werden sie am Klavier von den Aalto-Pianisten Boris Gurevich und Oliver Malitius.
Die Arie, die dem Abend seinen Namen gibt, stammt übrigens aus Wagners „Tannhäuser“. Heiko Trinsinger singt sie in der Rolle des Minnesängers Wolfram von Eschenbach, der in seinem Lied den Interpretationsspielraum offen lässt, ob er da gerade bloß den schönen Abendstern oder doch auch die Liebesgöttin Venus meint.
Eigentlich hätte in dieser Spielzeit der gesamte Tannhäuser in Essen zu sehen sein sollen – inszeniert von Paul-Georg Dittrich. Die Corona-Krise ließ die Planung platzen. Nun wird Dittrich gemeinsam mit dem Videokünstler Vicent Stefan ein im Bühnenpersonal wesentlich reduzierteres Stück auf die Bühne bringen: Christoph Willibald Glucks „Orpheo ed Eurodice“ respektive „Orfeo|Euridice“, wie es bei Dittrichs Version heißt. Dass der Regisseur das „und“ durch eine grafische Trennung ersetzt hat, ist nicht unwichtig. Er will damit die schmerzliche Trennung des Liebespaars betonen, die durch Euridices Tod verursacht wurde. Orpheo steigt deshalb in die Unterwelt hinab, um seine Geliebte dem Tode zu entreißen. Und noch mehr als Claudio Monteverdi, der den Stoff mehr als 150 Jahr vor Gluck als erste Oper der Musikgeschichte vertont hatte, konzentriert sich der Opern-Reformator Gluck sehr stark auf den Protagonisten und sein Schicksal. Gesungen wird die männliche Partie übrigens von Frauen:Bettina Ranch und Liliana de Sousa werden im Wechsel zu erleben sein. Tamara Banješević und Giulia Montanari werden jeweils die Euridice singen. Die musikalische Leitung hat Tomáš Netopil.
O du, mein holder Abendstern | 5., 12., 18.9.
Orfeo|Euridice | R: Paul-Georg Dittrich | 26., 30.9., 3., 18., 25., 29.10., 1., 7., 8.11., 13., 27.12.
Aalto-Theater Essen | 0201 81 222 00
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