„Kinderarbeit und unfaire Arbeitsbedingungen sind in Wuppertal Teil der Geschichte“, weiß Susanne Varnhorst, die im Ressort Umweltschutz bei der Stadt arbeitet und sich auch um fairen Handel kümmert. Über diese Arbeitsbedingungen, die in Barmen und Elberfeld in der Textilproduktion zur Zeit der Frühindustrialisierung herrschten, hatte sich bereits Friedrich Engels geäußert: „Das Arbeiten in den niedrigen Räumen, wo die Leute mehr Kohlendampf und Staub einatmen als Sauerstoff, und das meistens schon von ihrem sechsten Jahre an, ist grade dazu gemacht, ihnen alle Kraft und Lebenslust zu rauben“, schrieb er 1839.
Anfang des 21. Jahrhunderts hat sich die Situation zwar in Deutschland, jedoch keineswegs überall auf der Welt verbessert. Aus diesem Grund setzt sich Wuppertal, wie zahlreiche andere Kommunen, für fairen Handel ein und darf darum seit mittlerweile zehn Jahren den Titel „Fairtrade Town“ tragen. Varnhorst erklärt: „Die Kriterien dafür sind ein Ratsbeschluss für mehr fairen Handel, der Verkauf von fair gehandelten Produkten in der Kommune, die Einbindung der Zivilgesellschaft, Öffentlichkeitsarbeit und eine Steuerungsgruppe, die Aktionen koordiniert.“ Diese Steuerungsgruppe nennt sich in Wuppertal „Runder Tisch Fairer Handel“ und besteht aus Vertretern mehrerer Initiativen, der Weltläden, der Gepa, der Verbraucherzentrale, von Städtepartnerschaftsvereinen und der sechs Fairtrade-Schulen in Wuppertal.
Bewusstsein für globale Verantwortung schaffen
Stellvertretend für diese Schulen verrät Alida Aden, Lehrerin an der Friedrich-Bayer-Realschule, dass Fairtrade fest im Lehrplan verschiedener Fächer verankert ist: „Das Thema wird bei uns konstant gelebt und wir sensibilisieren die Schülerinnen und Schüler permanent dafür.“ Dirk Jädke, der für die Initiative WAT (Wuppertaler Aktionsbündnis gegen TTIP und andere Freihandelsfallen) aktiv ist, erzählt, dass kürzlich gemeinsam mit dem Medienprojekt Wuppertal ein Kurzfilm namens „Fair statt mehr“ über nachhaltigen Konsum gedreht wurde. Außerdem habe man eine Lesung mit der Schriftstellerin Imke Müller-Hellmann organisiert: „Sie ist an die Orte gefahren, wo ihre Kleidung produziert wurde und hat sich mit den Arbeitsbedingungen dort beschäftigt.“ Und Ulrich Halbach, der im Eine-Welt-Laden in Ronsdorf tätig ist, verweist in Verkaufsgesprächen auf den Ursprung von Waren im globalen Süden: „Bei Fair-Trade-Waren steht auf jeder Packung etwas über die Herkunft, denn es besteht eine Verbindung zwischen den Kunden vor Ort und den Herstellenden irgendwo in der Welt. Man kann nicht sagen: ‚Was geht mich das an?‘ Das versuchen wir klarzumachen.“
Individuell könne nämlich viel bewirkt werden, findet auch Varnhorst: „Einen ganz wesentlichen Einfluss und eine gewisse Verantwortung haben die Verbraucherinnen und Verbraucher mit ihren täglichen Kaufentscheidungen. Geschäfte reagieren auf die Nachfrage.“ Jedoch sei die politische Ebene ebenfalls wichtig. Jädke meint: „Wenn durch ein Lieferkettengesetz die Firmen gezwungen würden, nachzuweisen, dass ihre Waren zu menschenwürdigen Bedingungen produziert werden, dann wäre das ein wichtiger Schritt.“
Aber auch der Runde Tisch Fairer Handel selbst hat ein Ziel: Alle zwei Jahre wird von der SKEW (Servicestelle Kommunen in der Einen Welt) eine Kommune als Fairtrade-Hauptstadt ausgezeichnet. Varnhorst motiviert das: „Wir möchten diesen Titel mal bekommen. Es ist ein Preisgeld damit verbunden, das wieder in Aktionen und Projekte für den fairen Handel gesteckt werden muss. Das könnten wir gut gebrauchen. Und es ist für uns ein Ansporn, immer besser zu werden.“
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zum Thema auch unter: trailer-ruhr.de/thema und choices.de/thema
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