Eine komische, fast altmodisch wirkende Kunst: Das Museum Folkwang in Essen zeigt Zeichnungen, die „klassisch“ anmuten, hergestellt mit Bleistiften in unterschiedlichen Härtegraden auf DIN A4-Papier. In ihrer Feinheit, im Akribischen, bei dem die Striche oft nur wenige Millimeter lang sind und aneinander anschließen, kommt etwas Altmeisterliches zum Ausdruck, auch in der Anspielung auf realistisch-konkrete Strukturen. Und doch stammen diese Blätter von einem verhältnismäßig jungen Künstler. Sebastian Rug wurde 1974 in Vacha geboren, er hat in Dresden und Leipzig studiert und lebt heute in Leipzig.
Man ahnt den Aufwand und die Hinwendung, die seinen Zeichnungen zugrunde liegen. Seine Kunst hat etwas mit handwerklichem Weben zu tun, jeder Strich ist genau gesetzt, daraus ergeben sich Rapporte, ornamentale Anklänge oder gitterartige Verläufe, die an textile Gewebestrukturen erinnern. Oder, in der Transparenz, an feinste Blätter handgeschöpften Papiers, das an den Rändern ausfranst, an Schichten, die sich überlagern und dadurch eine unterschiedliche Schwärze besitzen, zumal im Kontrast zum strahlenden Blattweiß. Mitunter tragen diese Blätter etwas Fetzenartiges. Sie stehen in einer Balance zwischen Genauigkeit und Abgeschlossenheit einerseits und Leichtigkeit, Hingehauchtem und Offenem andererseits. Dazu sind nun rund 40 Zeichnungen von 2005 bis 2013 ausgestellt, außerdem neun Radierungen, die 2002-2004 entstanden sind und dem hellen Strich der Zeichnung die dunkle Fläche entgegensetzen. Sebastian Rug schafft in allen seinen Werken Verdichtung, er schildert Raum und Volumen und beschäftigt sich doch sichtlich mit der Fläche. Nichts daran ist statisch, alles ist in Bewegung, im Umschlag und in der Durchdringung der Linien, die den Eindruck des in sich Verschobenen, Fragilen vermitteln ...
Bei der Betrachtung dieser Blätter, von denen jedes eigene Formen realisiert, merkt man dann doch, wie sehr diese Kunst innerhalb ihres Metiers zeitgenössisch ist und wie genau sie sich in der Geschichte der Zeichnung auskennt und diese gewissermaßen mit heutigem Blick reflektiert. Das geschieht mit einem stillen Ernst, der einen langweilen, genauso aber auch faszinieren kann. Letzteres ist der Fall.
„Sebastian Rug – Im Zeichnen sehen“ | bis 1. September im Museum Folkwang in Essen | www.museum-folkwang.de
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