Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
18 19 20 21 22 23 24
25 26 27 28 29 30 1

12.581 Beiträge zu
3.810 Filmen im Forum

Lebenskreis
Foto: Cornelia Wortmann

Arme Bauern, armes Land

25. Oktober 2018

Warum Landwirte Genossen werden

Landwirtschaftliche Erzeugnisse sind unsere Lebensgrundlage. Zu Recht erwarten wir eine ökologisch und ökonomisch sinnvolle und nachhaltige Bewirtschaftung von Ackerflächen. Sie sollte Tiere und Umwelt schonen, gesunde Erzeugnisse produzieren und den Landwirten ein angemessenes Auskommen ermöglichen. Die Realität sieht jedoch vielfach anders aus: Artenarme Agrarlandschaften und ausgelaugte, vergiftete Böden. Land und Lebensmittel werden zu Spekulationsobjekten landwirtschaftsferner Investoren. Verlierer sind vor allem die Menschen vor Ort, deren Einflussmöglichkeiten schwinden. Landwirte, die es besser machen wollen, können neben politisch bevorzugten Konzernen und Großproduzenten kaum bestehen – viele geben angesichts niedriger Erzeuger- und explodierender Bodenpreise auf.

Eine Alternative sind Agrargenossenschaften. Landwirte schließen sich zusammen, um gemeinsam zu wirtschaften. Das Prinzip ist gleichzeitig unternehmerisch und sozialkooperativ: Agrargenossenschaften erwirtschaften Gewinne, fördern damit jedoch zuerst ihre Mitglieder, die Landwirte. Diese sind zugleich Eigentümer und treffen Entscheidungen gemeinschaftlich, wodurch sich zwanglos gesamtverantwortliches Bewusstsein einstellen kann.

Über tausend Landwirtschaftsbetriebe sind in Deutschland als Agrargenossenschaften organisiert, in Ostdeutschland sind sie Nachfolgeorganisationen der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) der DDR. Gesellschaftliche Anliegen wie Arbeitsplatzsicherung, Ausbildung des Berufsnachwuchses, Unterstützung der kommunalen Entwicklung, Qualitätssicherung, Nachhaltigkeit und regionale Versorgung stehen oft im Fokus, auch das gemeinsame Dorf- und Hofleben wird gefördert.

Agrargenossenschaften sind also demokratisch – ist der Genossenschaftsgedanke angesichts zunehmender Kritik an Preisdumping und ferngesteuerter Landwirtschaft somit das Modell der Zukunft – trotz seines nicht ganz staubfreien Images?

Von der Politik werden Agrargenossenschaften eher stiefmütterlich behandelt. So scheinen jüngste Pläne der EU Kommission zur Kürzung der Fördermittel den Agrargenossenschaften wenig dienlich. René Rothe, Vorstand des Genossenschaftsverbandes Verband der Regionen, glaubt, dass vor allem in Agrargenossenschaften organisierte Mehrfamilienbetriebe betroffen seien. Da Agrargenossenschaften durchschnittlich weniger Gewinn erzielen als große, nicht-genossenschaftliche Unternehmen, wiegt das schwer. Agrargenossenschaften fordern zudem Gleichberechtigung mit kooperativen Formen in anderen Ländern und eine Anerkennung der Mitglieder als Mitunternehmer.

Angesichts der politischen Umstände fällt es schwer, flächendeckende genossenschaftliche Agrarnetze für möglich zu halten – dabei läge so die Herstellung unserer Lebensmittel wieder in der Hand der Erzeuger. Wenn sich landwirtschaftliche Genossenschaften auf ihre Ideale und Strukturmerkmale besinnen, könnten Entscheidungen, wie etwa über nachhaltige Produktionsweise und vernünftige Preispolitik, in großem Umfang demokratisch diskutiert und getroffen werden – auch und gerade im Sinne der Menschen vor Ort. Ist das nicht ein schöner Gedanke?


Lesen Sie weitere Artikel
zum Thema auch unter: trailer-ruhr.de/thema und choices.de/thema

Aktiv im Thema

wochenmarkt24.de | Online-Handel statt Hofladen: Für dieses Projekt haben sich regionale ProduzentInnen zusammengeschlossen. Durch eine gemeinsame Plattform und Logistik können Erzeuger aus der Umgebung schnell und kostengünstig liefern.
crowdfarming.com/de | Das Crowdfarming setzt auf folgendes Prinzip: Der Konsument „adoptiert“ beim Erzeuger ein Lebensmittel im Voraus und erhält es von diesem direkt nach Ernte und Verarbeitung.
meine-landwirtschaft.de | Hier haben sich 50 Organisationen zusammengeschlossen um öffentlichkeitswirksam für eine Landwirtschafts- und Ernährungswende zu werben und zu streiten.

Fragen der Zeit: Wie wollen wir leben?
Schreiben Sie uns unter meinung@engels-kultur.de

Mareike Thuilot

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Konklave

Lesen Sie dazu auch:

„Verantwortungskultur der Konsumenten“
„Ökonaut“ René Tettenborn über genossenschaftliche Landwirtschaft

Gemeinsame Ernte im Tal
Solidarische Landwirtschaft holt VerbraucherInnen aufs Feld

Kritische GenossInnen
Die Schweizer Wochenzeitung WOZ trotzt solidarisch der Medienkrise

Selbstlos ist das neue Sexy
Anstand als Aufstand

Leitartikel

Hier erscheint die Aufforderung!