Er träumt nicht davon, eine neue Welt zu erschaffen. Und „Utopia“ bedeutet für ihn nicht „unmöglich“, sondern „im Moment nicht umsetzbar“, erläutert Christian Hampe seine Definition. „Utopia zu erschaffen, ist nicht einfach. Deshalb haben wir uns für einen Ort entschieden, an dem Utopisches entstehen kann.“ Das maßgeblich von ihm initiierte Utopia-Projekt ist also konkret. Anders als Kafkas Schloss, Lindgrens Villa Kunterbunt oder das ursprünglich anarchische Entenhausen gibt es jenseits des Fiktiven eine architektonische Umsetzung, nämlich am Bahnhof Mirke. Hier zogen Mitte Oktober die ersten Bürger ein. Denn „Utopiastadt“ ist die Verortung eines Netzwerkes, die Bildung eines Nukleus für die Kreativbranche. Unterstützt von der Stadtsparkasse und in Kooperation mit Wirtschaftsförderung Wuppertal und der Bergischen Entwicklungsagentur soll hier die kollektive Auseinandersetzung und Nutzung kreativen Potentials für unterschiedlichste Themen stattfinden. Die energieautarke Stadt, welche Rolle Kultur spielt und warum sie erhaltenswert ist, oder „Stadtentwicklung im Kontext von Strukturwandel“ könnten solche Aufgabenstellungen sein.
Keine Wunschwelt, sondern konkrete Pläne
Das Zwei-Jahres-Konzept steht und ist abgesegnet. Wie konkret Utopia ist, veranschaulicht er am Gebäude. „Es ist in einem desaströsen Zustand, und nun geht es nicht um die perfekte Sanierung, sondern um einen Prozess, das Gebäude zu reaktivieren.“ Solche kreativen Herausforderungen liebt der 30Jährige. 1981 in Wermelskirchen als Sohn eines Architektenpaares geboren, hat der Wahl-Wuppertaler bereits als Schüler am Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium, Remscheid, „Interesse an allen möglichen künstlerischen Sachen gehabt“. Seine erste Tat als Veranstalter war damals, das „EMA-Festival“ zu organisieren. Eher zufällig geriet er nach dem Abi im Winter 2001 in ein Filmprojekt des inzwischen sehr berühmten Florian Henckel von Donnersmarck. „Es war eine spannende Erfahrung“, fast hätte er sich in Babelsberg an der Filmhochschule eingeschrieben. Aber ein Gespräch mit Franz Schmid brachte ihn als Zivildienstleistenden ans Haus der Jugend Barmen. Hier kümmerte er sich mit um den Rockförderpreis und den damit (damals) verbundenen Veranstaltungsmarathon. Diesem Projekt ist er letztlich bis heute treu geblieben. „Um fehlende Gelder, die die Stadt nicht hat, zu kompensieren und Niveau und Preisstruktur im Haus der Jugend Barmen halten zu können, haben wir einen Förderverein gegründet.“
Kein Weltverbesserer, sondern interessierter Macher
Ob er eine wirklich musische Begabung hat, weiß Christian Hampe nicht. „Ich habe schon immer Forscherdrang gehabt.“ Sein Schulpraktikum absolvierte er bei Bayer, und der ambitionierte Taucher, der oft am Mittelmehr die Küste abtauchte („Kroatien ist ein schönes Gebiet“) fand lange Zeit auch den wissenschaftlichen Bereich Meeresbiologie reizvoll. Letztlich ist es dann ein Studium als Kommunikationsdesigner geworden. „Film, Animation, Fotografie, Installation – alle Studienaspekte sind eng miteinander vernetzt und so habe ich fachübergreifend gelernt.“ Erst im Hauptstudium spezialisierte man sich an der Ruhrakademie in Schwerte, „vorher war das ein Studium Generalis, wir konnten alles parallel machen“. Zeit, zusammen mit Beate Blaschczok eine Studienvertretung aufzubauen, blieb auch noch. Eine Revolution wollte er nie anzetteln, eher Diskussion anschieben. 2008 lernt er auf der Suche nach einer Location für das „clownfisch“-Projekt Thilo Küppers kennen. „In den Elba-Hallen sollte ursprünglich nur ein Raum bespielt werden. Dann hatten wir 2.500 Quadratmeter auf einer kompletten Etage.“ Weitere zwei Jahre wurde das Schöpfungskonzept inhaltlich, künstlerisch und unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgearbeitet – Businesspläne und Betriebskonzepte inklusive. Das Ergebnis ist Utopiastadt im Mirker Bahnhof. Ein Campus als Forschungseinrichtung mit hochkreativem Potential, aus dem neue Synergien geschöpft werden. Und sicher eine Plattform, auf der neue Projekte entstehen.
clownfisch projekt | Christian Hampe I c.hampe@clownfisch.eu | 0179 108 64 47
Magazin clownfisch I Ludwigstr. 49, Wuppertal | 0202 295 85 30 I redaktion@clownfisch.eu | www.clownfisch.eu
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