Eine Zahl fasziniert Wuppertaler Politiker und Beamte gleichermaßen: Die schwarze Null. 25 Jahre lang arbeiteten die Kämmerer darauf hin, Wuppertal schuldenfrei in ein neues Haushaltsjahr zu bringen. Johannes Slawig von der CDU ist es nun vergönnt, als erster seit einem Vierteljahrhundert einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen zu können – für das Jahr 2017. Dafür war es auch Slawig, der 2010 ein Minus von 203 Millionen Euro veranschlagen musste. An dieser hohen Differenz innerhalb von sieben Jahren wird deutlich, wieviel der Stadtdirektor mit seinem Verwaltungsteam zu tun hatte.
Nicht nur Personal in der Verwaltung wurde massiv abgebaut und diverse städtische Einrichtungen geschlossen, auch wurden die Steuern erhöht. Das war dringend nötig. Hätte die Stadt es nicht geschafft, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, wäre sie gezwungen gewesen, das Heft des Handelns an die Bezirksregierung abzugeben. Dann hätte die Kommunalaufsicht die Geschäfte übernommen. Das hat Wuppertal selbst beim Stärkungspakt Stadtfinanzen so unterschrieben, durch den ab 2011 Gelder in Höhe von 5,76 Milliarden Euro für die beteiligten Kommunen bereitgestellt wurden, wenn sie sich klar zu einem Sanierungskurs bekennen. Auch in diesem Jahr war die schwarze Null denkbar knapp. Slawig musste im August neu an den Haushalt ran. Das Land wollte 23 Millionen Euro an Schlüsselzuweisungen weniger überweisen. Außerdem stiegen die Ausgaben für die nötige Unterbringung von Flüchtlingen um 15 Millionen Euro. „Das ist ein Hilferuf! Wir fühlen uns alleingelassen!“, schrieb der damalige CDU-Oberbürgermeister Peter Jung in einer Pressemitteilung. Es half unter anderem der Stärkungspakt, durch den die Stadt 60 Millionen Euro jährlich bekommt.
Kommunen haben einige Möglichkeiten, Geld einzunehmen. Die fasst man unter dem Begriff Kommunalabgaben zusammen. Es handelt sich dabei um Steuern, Gebühren oder Beiträge. Alles, was aus der Gewerbesteuer und der Grundsteuer fließt, kommt der Stadt zugute. Hinzu kommt, dass die Gemeinden indirekt an der Einkommen- und der Umsatzsteuer beteiligt sind. Selbst verfügen können sie über diese Einnahmen allerdings nicht, sondern bekommen sie von den Ländern zugewiesen. Not kann manche Kommune erfinderisch machen, was die Steuern angeht. Sie können selbst Steuern erheben, allerdings behalten sich die Länder einen Rahmen dafür vor. Beispiele sind die Hundesteuer oder die Zweitwohnungssteuer.
Wie reagierte Wuppertal? Die Grundsteuer A (für land- und forstwirtschaftliche Betriebe) liegt bei zuletzt gleichbleibenden 240 Prozent. In den letzten fünf Jahren wurde die Grundsteuer B (sonstige Gebäude und Grundstücke) von 490 auf 620 Prozent erhöht. Die Gewerbesteuer liegt bei 490 Prozent. 190 Millionen Euro will die Stadt durch die Gewerbesteuer 2015 einnehmen. Was bleibt, ist trotz der schwarzen Null gewaltig: Ein Schuldenberg von 1,6 Milliarden Euro an Kassenkrediten.
Aktiv im Thema
www.euractiv.de | Medium für Europapolitik
www.diw.de | Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung
netzwerksteuergerechtigkeit.wordpress.com | Netzwerk Steuergerechtigkeit
Lesen Sie weitere Artikel
zum Thema auch unter: choices.de/thema und trailer.de/thema
Thema im Februar: GUTE ZEIT – Statt guter Vorsätze, weg mit dem Pessimismus! Gute Nachrichten von hier und aus anderen Ländern.
Projekte von Staaten, Kommunen und Initiativen, die Mut machen.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
„Diese Abkommen sind undemokratisch, unsozial, unökologisch“
Alexis Passadakis von Attac über TTIP, CETA und das Klimacamp bei Köln – Spezial 08/16
attac: Neoliberalismus ins Museum
Globalisierungskritiker deponieren Thatchers Handtasche im Forum NRW – Spezial 08/16
Anarchie in Traum und Tat
Dokumentarfilm „Projekt A“ auf der attac-Sommerakademie und im Bochumer Endstation-Kino – Spezial 08/16
Keine einfachen Lösungen
Matinee zu „Rum oder Gemüse?“ am 12.6. im Rex – Foyer 06/16
Kampf der Interessen
Die EU, der zahnlose Steuertiger? – THEMA 01/16 GERECHT STEUERN
„Statt Ehen sollte man Kinder fördern“
Lisa Paus über die Vorteile gerechterer Steuern – Thema 01/16 Gerecht Steuern
Ein Ansatz von Steuergerechtigkeit
In Schweden haben hohe Steuern und ein starker Sozialstaat Tradition – Thema 01/16 Gerecht Steuern
Markt und Mensch sind träge
Kann eine Gesellschaft funktionieren, wenn ihr oberstes Ziel das Gemeinwohl ist? – THEMA 11/15 GEMEINWOHL
Radikale Veränderung des Finanzsystems
Christof Lützel, Bankbetriebswirt und Pressesprecher der GLS Bank, über Gemeinwohl als Gesellschaftskonzept – Thema 11/15 Gemeinwohl
Handeln – aber nicht um jeden Preis
GEPA sorgt für faire Bezahlung – Thema 11/15 Gemeinwohl
Scheine mit Mehrwert
Das Bristol Pound stärkt lokale Wirtschaftskreisläufe – Thema 11/15 Gemeinwohl
Maßgeschneiderter Schutz?
Regierung fordert Ausnahmen für Kultur in TTIP – Theater in NRW 11/15
Ran an die Regeln
Intro – Verspielt
Das Spiel mit der Metapher
Teil 1: Leitartikel – Was uns Brettspiele übers Leben verraten
„Ich muss keine Konsequenzen fürchten“
Teil 1: Interview – Spieleautor und Kulturpädagoge Marco Teubner über den Wert des Spielens
Zusammen und gegeneinander
Teil 1: Lokale Initiativen – Spieletreffs in Wuppertal
Es sind bloß Spiele
Teil 2: Leitartikel – Videospiele können überwältigen. Wir sind ihnen aber nicht ausgeliefert.
„Viele Spiele haben noch einen sehr infantilen Touch“
Teil 2: Interview – Medienpädagoge Martin Geisler über Wandel in der Videospiel-Kultur
Jenseits der Frauenrolle
Teil 2: Lokale Initiativen – Die Spieldesignerin und Label-Gründerin Mel Taylor aus Köln
Werben fürs Sterben
Teil 3: Leitartikel – Zum Deal zwischen Borussia Dortmund und Rheinmetall
„Genießen der Ungewissheit“
Teil 3: Interview – Sportpädagoge Christian Gaum über das emotionale Erleben von Sportevents
Immer in Bewegung
Teil 3: Lokale Initiativen – Sportangebote für Jugendliche im Open Space in Bochum
Spielglück ohne Glücksspiel
Gegen teure Belohnungen in Videospielen – Europa-Vorbild: Belgien
Spielend ins Verderben
Wie Personalmanagement das Leben neu definierte – Glosse
Wie gewohnt
Intro – Europa