Zum Schutz der Orcas und Delfine hat die französische Umweltministerin Ségolène Royal am 6. Mai ein neues Gesetz erlassen. Es sieht vor: keine Zucht mehr in Gefangenschaft, untersagter Austausch von Tieren zwischen den Tierparks. Jetzt wird Wirklichkeit, was sich viele Tierschutzorganisationen längst wünschten: Ein Ende der Gefangenschaft.
Wer hat nicht beim Blockbuster „Free Willy“ mit Jesse mit gefiebert, als er versucht, das Tier vor dem Besitzer des Wasserparks zu retten? Der Alltag für Delfine und Orcas in Gefangenschaft ist alles andere als leicht: Naheliegende Wände der Poolbecken werfen Geräusche schnell zurück –das irritiert das empfindliche Sonar der Tiere. Um das Parkleben zu ertragen, erhalten sie mitunter Psychopharmaka. Diese Gründe bewegten Royal dazu, das zusammen mit NGOs, Zoobetreibern und dem Nationalen Museum für Naturgeschichte entwickelte Gesetz nachträglich noch zu verschärfen. Es sieht in den vier französischen Delfinarien ferner größere Becken vor – für die Tiere, die noch in Gefangenschaft leben. Wellen, Strömungen und Wasserfälle sollen den Tieren mehr Abwechslung bieten. Das Schwimmen mit Delfinen wird es nicht mehr geben. Und die Pools dürfen kein Chlorwasser mehr enthalten.
Frankreich war nicht immer so. Delfinarien gibt es dort seit den 60er Jahren. Die großen Parks erwarten bis zu zwei Millionen Besucher jährlich. Ob Schwimmen mit Delfinen oder Wassershows: Tiere fungierten dort als Publikumsmagnet.
Der radikale Umschwung der Umweltministerin ist ungewöhnlich. Scheint es doch, als habe keine der vorab zu Rate gezogenen Parteien damit gerechnet. Was für Tierschutzorganisationen einen Sieg bedeutet, ist auf Seiten von Zoobetreibern eine Farce. In einer gemeinsamen Presseerklärung äußern sich zahlreiche NGOs erfreut. Nicht zuletzt hatte die Organisation Sea Shepherd zuvor intensiv auf die schlechten Haltungsbedingungen von Delfinen aufmerksam gemacht.
Das Gesetz schwappte noch vor der Landtagswahl nach NRW. Dort befragte die Initiative Wal- und Delfinschutz-Forum aus Hagen einzelne Parteien dazu. Eindeutig gegen eine weitere Haltung von Delfinen in Zoos sprechen sich die Fraktionen der Grünen, Linken, Piraten und der AfD aus. SPD, CDU und FDP wollen die Haltung in Gefangenschaft fortsetzen, weil sie der Bildung und Forschung diene.
Noch vor der Frankreichwahl hat Royal das neue Gesetz auf den Weg gebracht. Und nutzte damit die Chance, die überaltete Version von 1981 neu zu schreiben. Darin stand drakonische Härte deutlich vor dem Wohlergehen der Tiere. Wie es sich in der Praxis umsetzen lässt, bleibt abzuwarten. Denn neue größere Becken zu bauen, wird kostenintensiv für die Betreiber. Die können die Becken nur so lange nutzen, wie die Tiere leben. Da sie weder züchten noch Tiere aus anderen Parks bekommen. Willy kümmert das wenig. Er schwimmt derweil frei im Ozean.
Lesen Sie weitere Artikel
zum Thema auch unter: trailer-ruhr.de/thema und choices.de/thema
Aktiv im Thema
albert-schweitzer-stiftung.de | Stiftung, die sich für die Abschaffung der Massentierhaltung und eine weite Verbreitung veganer Lebensweise einsetzt
vebu.de | Deutschlands größte Interessenvertretung für vegan und vegetarisch lebende Menschen
sentience-politics.org/de/politik/massentierhaltung | Schweizer Volksinitiative zur Abschaffung der Massentierhaltung
Thema im Juli: NEUE ZÄRTLICHKEIT
Glücklich zu zweit, ein Leben lang – oder nie?
Digitale Liebe – heute habe ich ein Foto für dich. Was macht Sie an? Schreiben Sie uns unter meinung@engels-kultur.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Food ist das neue Fashion
Grausame Produktionsbedingungen inklusive – THEMA 06/17 TIERISCH GUT
„Jeder Schritt, der die Tierhölle kleiner macht, geht in die richtige Richtung“
Markus Wild über den menschlichen Umgang mit Tieren – THEMA 06/17 Tierisch gut
Wo die Kühe Namen haben
Im Windrather Tal findet man eine vorbildliche Landwirtschaft – THEMA 06/17 Tierisch gut
Der kleine, große Gott
Über Lebensdrang und das Benehmen eines dreijährigen Kindes – THEMA 06/17 Tierisch gut
Ran an die Regeln
Intro – Verspielt
Das Spiel mit der Metapher
Teil 1: Leitartikel – Was uns Brettspiele übers Leben verraten
„Ich muss keine Konsequenzen fürchten“
Teil 1: Interview – Spieleautor und Kulturpädagoge Marco Teubner über den Wert des Spielens
Zusammen und gegeneinander
Teil 1: Lokale Initiativen – Spieletreffs in Wuppertal
Es sind bloß Spiele
Teil 2: Leitartikel – Videospiele können überwältigen. Wir sind ihnen aber nicht ausgeliefert.
„Viele Spiele haben noch einen sehr infantilen Touch“
Teil 2: Interview – Medienpädagoge Martin Geisler über Wandel in der Videospiel-Kultur
Jenseits der Frauenrolle
Teil 2: Lokale Initiativen – Die Spieldesignerin und Label-Gründerin Mel Taylor aus Köln
Werben fürs Sterben
Teil 3: Leitartikel – Zum Deal zwischen Borussia Dortmund und Rheinmetall
„Genießen der Ungewissheit“
Teil 3: Interview – Sportpädagoge Christian Gaum über das emotionale Erleben von Sportevents
Immer in Bewegung
Teil 3: Lokale Initiativen – Sportangebote für Jugendliche im Open Space in Bochum
Spielglück ohne Glücksspiel
Gegen teure Belohnungen in Videospielen – Europa-Vorbild: Belgien
Spielend ins Verderben
Wie Personalmanagement das Leben neu definierte – Glosse
Wie gewohnt
Intro – Europa
Paradigmenwechsel oder Papiertiger?
Teil 1: Leitartikel – Das EU-Lieferkettengesetz macht vieles gut. Zweifel bleiben.
„Der Verkauf des Kaffees nach Europa ist gestoppt“
Teil 1: Interview – Sebastian Brandis, Sprecher der Stiftung Menschen für Menschen, über das EU-Lieferkettengesetz
Verbunden über Grenzen
Teil 1: Lokale Initiativen – Wuppertal und seine europäischen Partnerstädte
Demokratischer Bettvorleger
Teil 2: Leitartikel – Warum das EU-Parlament kaum etwas zu sagen hat
„Die Bürger vor globalen Bedrohungen schützen“
Teil 2: Interview – Politikwissenschaftler Oliver Treib über Aufgaben und Zukunft der Europäischen Union
Zu Gast in Europas Hauptstadt
Teil 2: Lokale Initiativen – Die europäische Idee in Studium und Forschung an der Kölner Universität
Europäische Verheißung
Teil 3: Leitartikel – Auf der Suche nach Europa in Georgien
„Mosaik der Perspektiven“
Teil 3: Interview – Miriam Bruns, Leiterin des Goethe-Instituts Budapest, über europäische Kultur