In Sachen Bürgerengagement ist Wuppertal Vorreiter. Beispiele sind zuhauf diskutiert worden: Utopiastadt am Mirker Bahnhof, Nordbahntrasse, Zentrum für gute Taten und so weiter. Wo andere jammern, hat der Wuppertaler aufgrund der verzwickten finanziellen Lage der Stadt angefangen, selbst anzupacken. Engagement und Beteiligung sind nicht zwangsläufig gleichzusetzen. In mehreren Projekten und Anlaufstellen soll Engagement aufgegriffen und Beteiligung erreicht werden.
Die Initiative Wuppertal 3.0 sorgte im Frühjahr 2015 für Furore. Zahlreiche Akteure wie die Wuppertalbewegung, aber auch die FDP und die Grünen aus dem Tal waren daran beteiligt, einen unabhängigen Bürgermeisterkandidaten für die Wahl im Herbst 2015 aufzustellen. „Leider war aber niemand dabei, der auch die notwendige Popularität und Bekanntheit, sowie die politische Erfahrung besitzt, um einen solchen Wahlkampf zu gewinnen“, musste die Initiative im Mai feststellen. Carsten Gerhardt, („Vater der Nordbahntrasse“), und Jörg Heynkes (aktuell unabhängiger Landtagskandidat) waren als aussichtsreich gehandelt worden, lehnten aber ab. Seitdem ist es still geworden um Wuppertal 3.0.
Im September 2015 katapultierte sich die Stadt bei der Bürgerbeteiligung deutschlandweit nach vorn. Nach der Bürgermeisterwahl richtete die SPD in der „Großen Kooperation“ mit der CDU das bundesweit erste Dezernat für Bürgerbeteiligung ein. Besetzt wurde es mit dem Juristen Panagiotis Paschalis. „Wuppertal hat eine sehr aktive und starke Bürgerschaft, die schon Hervorragendes auf den Weg gebracht hat. Das ist ein unglaubliches Potenzial für die Stadt, das man aber noch viel besser nutzen könnte, wenn man es in andere Strukturen lenkt. […] Die Bürger sollen sich stärker einbringen können, in Projekte einbezogen werden und vor allem mit ihren Anliegen gehört werden“, sagte Paschalis der Wuppertaler Rundschau. Ein beachtetes Projekt war das Bürgergutachten zum Seilbahnbau durch die Südstadt. 48 zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger setzten sich in einem viertägigen Workshop mit der Idee auseinander, 37 sprachen sich dafür aus. Das Gutachten wurde im März als Bewertungsgrundlage für den Rat eingebracht, den Bau der Seilbahn prüfen zu lassen.
Wuppertal wurde außerdem als einzige deutsche Stadt für das EU-geförderte „Empatia“-Projekt (Enabling Multichannel Participation Through ICT Adaptations) ausgewählt. Beteiligt sind Říčany (Tschechien), Lissabon, Condeixa (beide Portugal) und Mailand (Italien). Untertitel der Open-Source-Software „Empatia“: „Solutions for Democracy“, Lösungen für die Demokratie. Die portugiesischen Macher der Plattform sind auf der Suche nach digitalen Lösungswegen, um Bürgerhaushalte zu verbessern. Transparenz und Datenschutz stehen im Vordergrund, eine sichere Nutzerauthentifizierung soll entwickelt werden – damit nicht mehrfach abgestimmt werden kann. Das Projekt läuft bis Ende des Jahres.
Lesen Sie weitere Artikel
zum Thema auch unter: trailer-ruhr.de/thema und choices.de/thema
Aktiv im Thema
oknrw.de | Offene Kommunen NRW ist eine Plattform für Bürgerbeteiligung
aula-blog.website | Projekt, bei dem SchülerInnen ab Jahrgangsstufe 5 mithilfe einer auf Liquid Democracy basierenden Plattform demokratisches Handeln erproben und sich aktiv an der Gestaltung ihres schulischen Umfelds beteiligen können
buergerhaushalt.org | Forum der bpb, zentrale Anlaufstelle für Interessierte zu Fragen rund um den Bürgerhaushalt
empatia-project.eu | EU-geförderte Plattform mit digitalen Lösungswegen zur Verbesserung des Bürgerhaushalts
Thema im Mai: ARBEITSGLÜCK
Arbeiten um zu leben oder leben um zu arbeiten?
Kann abhängige Lohnarbeit Sinn stiften und Spaß machen? Macht Ihre Arbeit glücklich? Schreiben Sie uns unter meinung@engels-kultur.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Gutes Netz, böses Netz
Erneuert oder zerstört die Digitalisierung die Demokratie? – THEMA 04/17 ZUKUNFT JETZT
„Unsere Demokratie entspricht nicht mehr den Umständen unseres Lebens“
Marina Weisband über Digitalisierung demokratischer Prozesser – THEMA 04/17 Zukunft jetzt
Digitale Experimente
Estland ist weltweit Vorreiter im Bereich Digitalisierung und E-Government – THEMA 04/17 Zukunft jetzt
Verurteilt, frei zu sein
Nicht labern, wählen! – THEMA 04/17 Zukunft Jetzt
Ran an die Regeln
Intro – Verspielt
Das Spiel mit der Metapher
Teil 1: Leitartikel – Was uns Brettspiele übers Leben verraten
„Ich muss keine Konsequenzen fürchten“
Teil 1: Interview – Spieleautor und Kulturpädagoge Marco Teubner über den Wert des Spielens
Zusammen und gegeneinander
Teil 1: Lokale Initiativen – Spieletreffs in Wuppertal
Es sind bloß Spiele
Teil 2: Leitartikel – Videospiele können überwältigen. Wir sind ihnen aber nicht ausgeliefert.
„Viele Spiele haben noch einen sehr infantilen Touch“
Teil 2: Interview – Medienpädagoge Martin Geisler über Wandel in der Videospiel-Kultur
Jenseits der Frauenrolle
Teil 2: Lokale Initiativen – Die Spieldesignerin und Label-Gründerin Mel Taylor aus Köln
Werben fürs Sterben
Teil 3: Leitartikel – Zum Deal zwischen Borussia Dortmund und Rheinmetall
„Genießen der Ungewissheit“
Teil 3: Interview – Sportpädagoge Christian Gaum über das emotionale Erleben von Sportevents
Immer in Bewegung
Teil 3: Lokale Initiativen – Sportangebote für Jugendliche im Open Space in Bochum
Spielglück ohne Glücksspiel
Gegen teure Belohnungen in Videospielen – Europa-Vorbild: Belgien
Spielend ins Verderben
Wie Personalmanagement das Leben neu definierte – Glosse
Wie gewohnt
Intro – Europa
Paradigmenwechsel oder Papiertiger?
Teil 1: Leitartikel – Das EU-Lieferkettengesetz macht vieles gut. Zweifel bleiben.
„Der Verkauf des Kaffees nach Europa ist gestoppt“
Teil 1: Interview – Sebastian Brandis, Sprecher der Stiftung Menschen für Menschen, über das EU-Lieferkettengesetz
Verbunden über Grenzen
Teil 1: Lokale Initiativen – Wuppertal und seine europäischen Partnerstädte
Demokratischer Bettvorleger
Teil 2: Leitartikel – Warum das EU-Parlament kaum etwas zu sagen hat
„Die Bürger vor globalen Bedrohungen schützen“
Teil 2: Interview – Politikwissenschaftler Oliver Treib über Aufgaben und Zukunft der Europäischen Union
Zu Gast in Europas Hauptstadt
Teil 2: Lokale Initiativen – Die europäische Idee in Studium und Forschung an der Kölner Universität
Europäische Verheißung
Teil 3: Leitartikel – Auf der Suche nach Europa in Georgien
„Mosaik der Perspektiven“
Teil 3: Interview – Miriam Bruns, Leiterin des Goethe-Instituts Budapest, über europäische Kultur