Der Saisonauftakt ist immer eine besondere Premiere; oft auch deshalb, weil neue Ensemblemitglieder erstmals auf der Bühne stehen und ihren künstlerischen Einstand geben. In der Wuppertaler Oper allerdings wird das Publikum so etwas nicht mehr erleben – oder von nun an ständig – je nach Sichtweise. Denn Wuppertal hat sein Opernensemble komplett abgeschafft – aus Sparzwang. Als sich Anfang September der Vorhang zur Saisoneröffnung hob, standen erstmals nur Gastsolisten auf der Bühne. Das Wuppertaler Sinfonieorchester und sein Generalmusikdirektor Toshiyuki Kamioka sind hingegen noch Angestellte einer städtischen Gesellschaft. Kamioka nun sogar in Doppelfunktion. Von Johannes Weigand hat er auch noch die Intendanz der Oper übernommen.
Seit zehn Jahren leitet Kamioka den größten Klangkörper im Bergischen Land, war dabei erfolgreich und erfreut sich großer Beliebtheit. An der Spitze der neuen Wuppertaler Sparoper erntete er nun erstmals scharfe Kritik: Sein Spielplan, der ausschließlich gängige Werke bietet, seit mutlos, bemängeln einige, andere sehen schon in der ersten Premiere eine „Mogelpackung“: Die Neuinszenierung von Puccinis Toscadurch den italienischen Regisseur Stefano Poda sei in Wirklichkeit nur ein zweiter Aufguss einer Tosca, die Poda erst vor zwei Jahren in Klagenfurt auf die Bühne gebracht hatte. Poda bestreitet dies vehement, die Wuppertaler Tosca sei eine „Weiterentwicklung mit klar anderen Ansätzen“. Klar und augenfällig sind allerdings auch die Parallelen zur Vorläuferversion aus Österreich: Die düstere Bühne mit dem mächtigen schwarzen Marmorkreuz, das schräg auf der Bühne liegt, oder die gespenstisch schreitenden Bischöfe mit ihren langen Prozessionskreuzen. Wie neu oder wieder aufgewärmt auch immer gelingen Poda durchaus wirkungsvolle, beklemmende Bilder. Wie bei allen seinen Produktionen zeichnet der Italiener auch für Bühnenbild, Kostüme und Licht selbst verantwortlich. Neue Deutungsaspekte hingegen gibt es bei ihm nicht zu entdecken. Poda sieht sich selbst als szenischen Illustrator der Musik. Das passt gut zur Haltung des neuen Intendanten Kamioka, der sich am meisten darum sorgt, nicht den Geschmack des Publikums zu treffen, und sich im neuen Job erst „langsam vortasten“ will. Der Jubel der ersten Aufführungen gibt ihm dabei jedenfalls Recht.
Musikalisch hat diese Tosca auch viel zu bieten. Der Chef des Hauses brilliert am Pult mit einem farbigen und satten Orchesterklang. Auf die Solisten braucht er dabei nicht sonderlich Rücksicht zu nehmen. Mikolaj Zalasinski als sinistrer Scarpia und Xavier Moreno als Cavaradossi haben große durchsetzungsstarke Stimmen. Allein Mirjam Tola gerät bei solchen Kraftakten schon mal an ihre Grenzen. Den groß besetzten Chor auf den oberen Seitenbalkonen auftreten zu lassen, mag der Platznot im wuchtigen Bühnenbild geschuldet sein, akustisch jedenfalls ist es eine ideale Lösung.
„Tosca“ | 3.10. 18 Uhr, 4.10. 19.30 Uhr, 5.10. 16 Uhr, 10.10. & 11.10. 19.30 Uhr, 12.10. 16 Uhr | Opernhaus | www.wuppertaler-buehnen.de
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