„Double Irish with a Dutch Sandwich“ – wer dahinter einen brotlastigen Mittagssnack, einen eher merkwürdigen Cocktail oder gar eine ausgefallene Sexualpraktik vermutet, ist auf dem falschen Dampfer. Nein, bei dem „doppelten Iren“ handelt es sich um einen Steuertrick, den Großkonzerne jahrelang dazu verwendet haben, um ihre Gewinne an den nationalen Finanzämtern vorbeizuschleusen.
Wie das geht? Ein Unternehmen gründet zwei Firmen auf der grünen, britischen Insel Irland. Die erste kassiert zunächst Lizenzgebühren von weiteren Tochterfirmen weltweit – für geistiges Eigentum. Sie hat auch ihren Steuerwohnsitz auf der Insel. Der Gewinn wird nach irischem Recht seit Ende der 90er Jahre mit einem vergleichsweise geringen Satz von 12,5 Prozent Körperschaftssteuer abgerechnet. Die zweite Firma, ebenfalls eine Tochtergesellschaft, wird in Irland geführt, hat ihren Steuerwohnsitz aber in einem Steuerparadies, zum Beispiel den Cayman Inseln oder den Bermudas. Nun überweist das erste Unternehmen dieser zweiten „Oasen-Firma“ seine Gewinne und spart dadurch zum zweiten Mal Steuern.
Eigentlich würde nach dieser Überweisung noch eine Quellensteuer in Irland fällig. Um diese auch noch zu umgehen, kommt das holländische Sandwich ins Spiel. Wenn der Konzern das eingenommene Geld aus den Lizenzgebühren als Tantiemen erst in die Niederlande und dann zurück an die zweite Firma überweist, fallen in Irland keine Abgaben an. Das liegt an einem Abkommen zwischen den beiden Staaten, nach dem Einnahmen durch Lizenzgebühren aus Holland nicht versteuert werden müssen. Also noch einmal: Lizenzgebühren aus aller Welt an Firma eins, Gewinn nach Holland und zurück an Firma zwei, die auf den Bermudas sitzt. Fertig. Und alles legal.
Für findige Finanzmanager war das ein einfaches Spiel. War? Ja, denn seit dem 14. Oktober 2014, punktgenau 15.44 Uhr, ist das Schlupfloch dicht. In diesem Moment verkündete der irische Finanzminister Michael Noonan, dass er den „Double Irish“ abschaffen wird. Das passiert zwar noch nicht sofort – eine Übergangsphase bis zum Jahr 2020 bleibt den Konzernen – aber immerhin müssen sie dann auch in Irland ihre Gewinne versteuern. Neugründungen werden ab sofort zahlen müssen. Der internationale Druck seitens der EU und anderen Staaten, denen durch den Trick Milliarden an Steuereinnahmen verlustig gingen, war zu hoch.
Ob das allerdings bedeutet, dass die Konzerne mehr Geld an die Finanzämter abdrücken müssen, ist fraglich. Die Iren haben verständliches Interesse daran, eine Abwanderung zu verhindern. Mehr als 1000 Großkonzerne haben ihren Firmensitz auf der Insel, darunter Global Player wie Google, Apple oder Facebook. Sie beschäftigen rund 160.000 Arbeitnehmer. Deshalb plant Finanzminister Noonan laut der Süddeutschen Zeitung, in Zukunft Patenteinnahmen zum größten Teil nicht mehr zu besteuern. Die Katze beißt sich hier möglicherweise in den Schwanz.
Lesen Sie weitere Artikel zum Thema auch unter: trailer-ruhr.de/thema und choices.de/thema
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
„Diese Abkommen sind undemokratisch, unsozial, unökologisch“
Alexis Passadakis von Attac über TTIP, CETA und das Klimacamp bei Köln – Spezial 08/16
Kampf der Interessen
Die EU, der zahnlose Steuertiger? – THEMA 01/16 GERECHT STEUERN
„Statt Ehen sollte man Kinder fördern“
Lisa Paus über die Vorteile gerechterer Steuern – Thema 01/16 Gerecht Steuern
Die Null muss stehen
Mit höheren Steuern finanziert Wuppertal den ausgeglichenen Haushalt 2017 – Thema 01/16 Gerecht Steuern
Ein Ansatz von Steuergerechtigkeit
In Schweden haben hohe Steuern und ein starker Sozialstaat Tradition – Thema 01/16 Gerecht Steuern
Markt und Mensch sind träge
Kann eine Gesellschaft funktionieren, wenn ihr oberstes Ziel das Gemeinwohl ist? – THEMA 11/15 GEMEINWOHL
Handeln – aber nicht um jeden Preis
GEPA sorgt für faire Bezahlung – Thema 11/15 Gemeinwohl
Scheine mit Mehrwert
Das Bristol Pound stärkt lokale Wirtschaftskreisläufe – Thema 11/15 Gemeinwohl
Radikale Veränderung des Finanzsystems
Christof Lützel, Bankbetriebswirt und Pressesprecher der GLS Bank, über Gemeinwohl als Gesellschaftskonzept – Thema 11/15 Gemeinwohl
Wer verdient, soll zahlen
Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt – THEMA 01/15 ARM & REICH
„Kein Verständnis für betrügende Volkshelden“
Der EU-Abgeordnete Sven Giegold über gerechtere Steuern – Thema 01/15 Arm & Reich
„Unternehmen profitieren und sollen dafür zahlen“
Markus Henn vom Netzwerk Steuergerechtigkeit über die Systemfrage – Thema 01/15 Arm & Reich
Ran an die Regeln
Intro – Verspielt
Das Spiel mit der Metapher
Teil 1: Leitartikel – Was uns Brettspiele übers Leben verraten
„Ich muss keine Konsequenzen fürchten“
Teil 1: Interview – Spieleautor und Kulturpädagoge Marco Teubner über den Wert des Spielens
Zusammen und gegeneinander
Teil 1: Lokale Initiativen – Spieletreffs in Wuppertal
Es sind bloß Spiele
Teil 2: Leitartikel – Videospiele können überwältigen. Wir sind ihnen aber nicht ausgeliefert.
„Viele Spiele haben noch einen sehr infantilen Touch“
Teil 2: Interview – Medienpädagoge Martin Geisler über Wandel in der Videospiel-Kultur
Jenseits der Frauenrolle
Teil 2: Lokale Initiativen – Die Spieldesignerin und Label-Gründerin Mel Taylor aus Köln
Werben fürs Sterben
Teil 3: Leitartikel – Zum Deal zwischen Borussia Dortmund und Rheinmetall
„Genießen der Ungewissheit“
Teil 3: Interview – Sportpädagoge Christian Gaum über das emotionale Erleben von Sportevents
Immer in Bewegung
Teil 3: Lokale Initiativen – Sportangebote für Jugendliche im Open Space in Bochum
Spielglück ohne Glücksspiel
Gegen teure Belohnungen in Videospielen – Europa-Vorbild: Belgien
Spielend ins Verderben
Wie Personalmanagement das Leben neu definierte – Glosse
Wie gewohnt
Intro – Europa