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Foto: Dino Kosjak

Julia und Julia

20. Dezember 2012

Shakespeare muss umgeschrieben werden – Romeo ist nicht erforderlich – Thema 01/13 Ehe-Los

Kennengelernt haben sich Julia Bisterfeld (32) und Julia Pietrasch (30) im Sommer 2008 im Internet. Ausführliche Mailwechsel und Dates folgten, schnell war beiden klar: Das könnte die Richtige sein, sie wurden ein Paar. Weniger sicher waren sie sich lange wegen einer möglichen Heirat. „Ich unterscheide da zwischen meiner emotionalen Zugehörigkeit und meiner politischen Überzeugung. Emotional wollte ich mich bekennen. Aber die Institution der ‚Homo-Ehe’ lehnen wir eigentlich beide ab“, beschreibt Julia Pietrasch ihren Zwiespalt. Von Schwulen und Lesben wird gemeinhin erwartet, dass sie politisch sind. Pietrasch, seit kurzem stellvertretende Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Oberhausen, ist dies auch von Berufs wegen. „Die Homo-Ehe gaukelt Gleichstellung vor und diskriminiert dadurch bewusst“, so Pietrasch. Tatsächlich gibt es neben sprachlichen auch weiterhin rechtliche Unterschiede.

Wie ein lila-grün gepunktetes-Schaf
Aus diesem Grund haben auch Julia und Julia lange überlegt, ob sie eine solche Institution überhaupt stützen wollen. „Nutzt man eine solche Möglichkeit, wirkt es, als sei man mit den Rahmenbedingungen einverstanden. Verweigert man sich der ‚Homo-Ehe’ der bestehenden Diskriminierungen wegen, scheint es aber, als ob Homosexuelle ohnehin kein Interesse an der ehelichen Form hätten“, argumentiert Julia Pietrasch. Irgendwann überwogen dann aber das Gefühl und der Wunsch, sich symbolisch zum anderen zu bekennen. Krankenschwester Julia Bisterfeld besuchte eine katholische Klosterschule und empfand sich schon früh als im guten Sinne konservativ, außer der Tatsache, dass sie Frauen liebt. „Werte wie Stabilität, Solidarität und die Familie waren für mich früh wichtig und ich wollte eine Partnerin, die zu mir steht.“ Das Outing verlief bei beiden erstaunlich unkompliziert, schlechte Erfahrungen haben sie keine gemacht. „Mein Vater sagte nur: ‚Dann bekomme ich halt eine Schwiegertochter’“, so Julia Bisterfeld. Auch beruflich stellte die Liebe zum gleichen Geschlecht keine Probleme dar, beide gingen mit ihrer Homosexualität offen, aber nie offensiv um. „Ich will mich niemandem aufzwingen, gebe aber gerne Antworten.“ Beide sind sich einig, die Thematik müsse in der Öffentlichkeit präsent bleiben, damit Vorurteile abgebaut werden. „Das ist wie mit einem lila-grün-gepunkteten Schaf. Ist da nur eines, sind alle überrascht. Wenn immer mehr davon auftauchen, wird es zur Normalität.“ Die Erfahrungen der beiden lassen hoffen, dass zumindest in Deutschland die gesellschaftliche Akzeptanz in den letzten Jahren zugenommen hat. Jetzt muss nur noch die Politik nachziehen. Abgesehen von politischen Zukunftswünschen gibt es auch noch die privaten Pläne. Julia und Julia bereuen die Heirat nicht, wollen ihr gemeinsames Leben genießen, eine Familie gründen. Spießig oder nicht, sie wirken dabei glücklicher als viele heterosexuelle Paare. Ob dies auch so bleibt, dürfte mit der sexuellen Orientierung letztlich herzlich wenig zu tun haben.

Maxi Braun

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