Beim Abend „Kunst gegen Rechts?“ in der Bandfabrik offenbarte sich immer wieder das Dilemma: Ja, die Bedrohung von rechts ist erheblich, aber: Vereint Front zu machen ist in der Kunst schwierig, und vielleicht muss das so sein.
Die Veranstaltung, deren Teilnehmer zugroßen Teilen aus Kreisen des „Freien Netzwerks Kultur“ kamen, fand mit der Bandfabrik an nicht an einem zufälligen Ort statt. Die Einrichtung feiert ihr 20-jähriges Bestehen und setzte mit diesem Abend als Feier-Einstieg ein Zeichen: Gründer Erhard Ufermann gab in einer substanzreichen Ansprache Einblick in Geschichte und Selbstverständnis des Hauses mit dem vielsagenden Motto „Kultur am Rand“. „Die inhaltliche Auseinandersetzung gehört programmatisch zur Bandfabrik.“
Im Mittelpunkt standen die Angriffe auf die Kunstfreiheit und den Kulturbetrieb. Rechte Politiker gehen vermehrt auch juristisch gegen missliebige Kultur vor. Das hat deshalb eine andere Qualität als Straßenproteste, weil es die materielle Basis gefährdet. Just diese Bedrohung auf rechtlich-finanzieller Ebene war es denn auch, die zur Gründung der „Vielen“ führte. Lukas Hegemann, Geschäftsführer der „Börse“, gab eine recht kritische Einschätzung zu dieser Initiative. Ziel sei eine möglichst breite Beteiligung, was zweischneidig sei: „Dieser Bogen, um alle sozialen Bewegungen 'reinzukriegen, verwässert die Arbeitsmöglichkeiten.“
Dass man mit Rechten nicht rede, ist zwar weiter ein diskutierter Grundsatz, faktisch aber sind Meuthen und Co als Talkgäste längst präsent. Vielleicht braucht es Künstler, wie Philipp Ruch vom Kollektiv "Zentrum für politische Schönheit", um sich diesem Prozess zu verweigern. In einem, in Langerfeld ausgestrahlten, Fernsehbeitrag forderte dieser, die Partei zu ächten und sie konsequent als Gefahr zu behandeln.
Dass es ihr nicht etwa nur um bloße Defensive geht, hat die Partei längst bewiesen – etwa als Hans-Thomas Tillschneider, AfD-Mann in Sachsen-Anhalt, in bemerkenswerter Offenheit von Kultur forderte: „dass sie stets auch klassische, deutsche Stücke spielen und sie inszenieren, dass sie zur Identifikation mit unserem Land anregen“. Dieser Auftritt wurde heute gezeigt. Indienstnahme der Kunst also: Der Angriff geht an Grundfesten.
Nun ist die Lage in der Kultur nicht immer eindeutig. Helge Lindh, Bundestagsabgeordneter der SPD, beschrieb als Ansatz der Rechten: „Die AfD nutzt Schwachstellen aus. Die Amalgamierung macht es kompliziert.“ Es gebe nämlich „ein Körnchen Wahrheit“ bei der Kritik am Multikulturalismus.
Zwei Beispiele kamen aus der Praxis. Andy Iussa, Theatermann und Projektentwickler, gab ein Beispiel für eine Maßnahme mit dem Ziel, Menschen mit Kunstmitteln für eine Sache zu erreichen – in seinem Fall für die katholische Kirche: Er hatte in Remscheid-Lennep in einer Kirche Tanz, Essen, Feiern installiert und die Bänke dafür heraus geräumt. Konkreter kontra Geschichtsvergessenheit ging die Aktion, die der Bildhauer Eckehard Lowisch vorstellte. Er nimmt die Pflege der „Stolpersteine“ in die Hand, der bekannten, in den Straßenboden eingelassenen Erinnerungen an Opfer des NS-Regimes. Da wollten Zuhörer sogar sein bevorzugtes Poliermittel erfahren. Kein Zweifel: Kunst kann auch ganz handgreiflich.
Lars Emrich vom Kinder- und Jugendtheater warb in der abschließenden „Fishbowl“, einem geregelten Gesprächsformat, zwar für Möglichkeiten der Kultur: „Wir haben ein Mittel: Empathie“ – doch nicht ohne die Relativierung zur Frage des Abends: „Wir haben die Antwort nicht.“ Andreas Bialas, für die SPD im Landtag, hielt Emrichs eigene Arbeit dagegen: „Find‘ ich nicht! Du gibst seit Jahren Antworten.“ Und der so Verteidigte präzisierte sein Problem: „Wie ich die Leute erreiche, weiß ich nicht.“ Er meinte die Indifferenten, die Skeptiker oder Gegner des kulturellen Konsenses bei der VGeranstaltung, denn: „Hier im Raum sind wir uns doch einig“.
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