Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
16 17 18 19 20 21 22
23 24 25 26 27 28 29

12.581 Beiträge zu
3.811 Filmen im Forum

Für viele Pendlerwege sind Elektro-Autos inzwischen gut zu gebrauchen, sagt eine Praxis-Studie der Bochumer Ruhr-Uni
Foto: RUB

Mit dem Elektro-Auto pendeln? Ja – aber …

30. April 2015

E-Mobile taugen auch für längere Wege. Doch bei Kaufpreis und Ladenetz muss allmählich was passieren – Innovation 05/15

Ausprobieren macht Freu(n)de. So schlicht lässt sich das Ergebnis eines zweijährigen Praxistests abbilden, in dem Wissenschaftler der Ruhr-Uni Bochum mit einem Sharing-Fuhrpark von 24 unterschiedlichen Elektroautos untersuchten, wie diese mit Anforderungen von Pendler/innen „matchen“. Allerdings: Für nicht wenige hört beim Geld die Freundschaft auch wieder auf.

Unter uns: Ich hätte auch mitgetestet. Jeweils für sieben Tage ein lupenreines Elektromobil und anschließend eines mit Benzin-Reichweitenverlängerung. Aber wer im „Home-Office“ arbeitet, gehörte halt nicht zur Zielgruppe. Nebenbei tat sich ein Zweit-Problem auf: Als Teil einer „Patchwork-Familie“ möchte man regelmäßig Liebste und Töchtervolk am Rhein mit Anwesenheit erfreuen. Doch wo dort nachladen? Das – reichlich parkplatzarme – Wohngebiet verbietet, die Kabeltrommel aus der vierten Etage auf den Gehsteig zu fieren, falls doch eine Lücke vorm Haus gefunden würde. Die nächste Ladesäule ist weit entfernt, womöglich mit dem Bus erreichbar. Und bei der Benzin-Tanke vis-a-vis sorgte die Frage nach einem Ausnahme-Stromanschluss über Nacht für ambitioniertes Kopfschütteln: „Nääää – sowat mach’mer hier nit …“

Constantinos Sourkounis
Foto: Tom Jost
Prof. Sourkounis: "Nur noch der Preis muss günstiger werden."

Elektrisch angetriebene Fahrzeuge gelten oft noch als Zweitmobil für die Familie und kurze Distanzen. Die Praxisstudie der RUB-Wissenschaftler zielte bewusst in eine andere Richtung. „Wenn Reduzierung der Luftbelastung die Antwort auf die Frage ist, warum wir elektrisch fahren wollen, müssen wir dort ansetzen, wo die großen Strecken entstehen. Also bei Pendlern, die längere Wege zum Arbeitsplatz haben“, definierte das Team an der Elektrotechnik-Fakultät. Fahrstrecke: zwischen 40 und 120 Kilometern. Und abends wieder zurück. Wenn solche Fahrer auf Öko-Stromantrieb umstiegen, würde schon eine Menge CO2 eingespart.

Im Spiel sind eine Reihe von Faktoren: Beschleunigung, Komfort, Lärmminderung oder Handling. Aber letzten Endes kommt es auf die Reichweite an. Die RUB-Forscher richteten daher ihr Augenmerk auf drei unterschiedliche Bereiche. Sind schnelllade-fähige Mobile, deren Akku in 20 bis 30 Minuten auf 80 Prozent Kapazität gefüllt werden kann, ein attraktives Angebot? Oder favorisieren Interessenten einen „Range Extender“ wie Opels Ampera, der nach 40 bis 80 elektrischen Kilometern auf den Benzintank umschaltet? Welches Potenzial steckt in Effizienzgewinnen, etwa durch Rückfluss von Bremsenergie oder der Einschränkung von Klimaanlagen? Und „ticken“ Männer und Frauen auch als Elektromobilisten unterschiedlich?

Die Beantwortung stützt sich im Wortsinn auf die „Erfahrung“ von 785.000 Kilometern – wobei die neun Amperas mit durchschnittlich 45.000 Kilometern weit stärker genutzt wurden als die 15 reinen Batterieautos. Will heißen: Wo die Reichweite keine Sorgen macht, wird das Angebot auch üppig genutzt. Muss man mit der Restladung sparsam umgehen, unterbleibt die eine oder andere unnötige Fahrt. Unterschiedlich gestaltet sich auf der Langstrecke auch der Zeitaufwand, wie gemeinsame Hamburg-Fahrten zeigten. Während das Ampera-Team trotz Staus nach vier Stunden am Alten Fischmarkt einparkte, brauchte man mit dem iMieV fast doppelt so lang. Denn was zählt die Schnelllade-Fähigkeit, wenn unterwegs die Ladesäule spinnt? Schon der eine missglückte Boxenstopp schlug mit zusätzlichen 90 Minuten zu Buche.

Hier zeigte sich Prof. Sourkounis auch am meisten überrascht: „Die Entwicklung bei den Ladenetzen ist stehengeblieben“, skizziert er ein wesentliches Hindernis. Zwar sei die Rhein-Ruhr-Region besser ausgerüstet als das Umland, trotzdem reiche die Struktur bei weitem nicht aus. Es regiert das alte Henne-Ei-Prinzip: So lange nicht deutlich mehr Elektrofahrzeuge unterwegs sind, haben Ladesäulen-Betreiber wenig Lust, weiter zu investieren. Allein RWE, das mit Partnern europaweit rund 3.000 Ladepunkte betreibt, dürfte bisher reichlich Geld versenkt haben. Wenn umgekehrt nur daheim mit Haushaltsstrom Energie gezogen werden kann, geht die Bereitschaft zum Kauf eines E-Mobils in den Keller.

Wann „lohnt“ sich der Kauf? Das RUB-Team hat für batterieelektrische Autos einen Schwellwert von 11- bis 12.000 Euro Mehrkosten ermittelt, der sich durch günstigen Unterhalt über die Lebensdauer ausgleicht. Gegenwärtig liegen Elektro- und vergleichbare Benzinmodelle aber noch 17- bis 18.000 Euro auseinander. Das erhebende Gefühl, manch „dicke Karre“ an der Ampel fies abgehängt zu haben, rechnet sich nicht in Cent und Euro. Ein Viertel der Testpersonen wartet auf günstigere Angebote. Es bedeutet: Ein attraktives Kaufanreiz-Programm könnte Wunder wirken.

TOM JOST

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Mufasa: Der König der Löwen

Lesen Sie dazu auch:

„Giga-Liner“: In NRW nach wie vor unerwünscht
Spediteure und Hersteller wollen Diesel und Personal durch längere Lkw-Züge sparen – Innovation 10/15

„Big Data“ im Auto – wie bescheuert ist das denn?
Blackbox-Überwachung, Hacker-Übergriffe und „pilotiertes Fahren“ – unsere individuelle Mobilität kommt gefährlich unter die Räder – Innovation 09/15

Gar nicht anrüchig: Wärme aus dem „Schietwater“
Ständig herrschen 14 Grad in der Kanalisation – die kann man zum Heizen anzapfen – Innovation 08/15

Sommerhitze in Ballungsräumen
Projektbetreuer Dr. Paul Dostal (DLR) über innerstädtische Hitzebelastung, Wassermangel und mögliche Gegenmaßnahmen – Innovation 07/15

Elektro-Autos: Das Bohren dicker Bleche
Der „Flaschenhals“ besteht noch bei den regionalen Händlern – Innovation 06/15

„Ich warte beim E-Auto noch auf Flatrate-Modelle“
Kommunikations-Profi Stefan Prott über Möglichkeiten, E-Mobilität populär zu machen – Innovation 12/14

Bier-Reste im Dienst der Energiewende
Projekte der Klimametropole Ruhr 2022 (Bochum): Biogas und Wasserkraft in Bochums Süden – Innovation 10/14

Guck ’mal, was da brennt
Projekte der Klimametropole Ruhr 2022 (IV): Strom und Fernwärme aus Biomasse – Innovation 10/14

Energie-Sanierung: Keine schiefe Kalkulation
Projekte der Klimametropole Ruhr 2022 (III): Zehnfamilienhaus fast wie neu – Innovation 10/14

Brennstoffzellen: „Wir haben einen Plan“
Projekte der Klimametropole Ruhr 2022 (II): Zukunftshoffnung Wasserstoff – Innovation 10/14

Unter dem Pflaster die Supra-Zukunft
Projekte der Klimametropole Ruhr 2022 (I): Energieleitung auf Weltniveau – Innovation 10/14

„Die Hersteller haben das noch nicht begriffen“
Elektrisch fahren ist bei etlichen Car-Sharern angekommen. Das Angebot passt – so lange Anschubförderungen fließen – Innovation 05/14

engels spezial.

HINWEIS