Der Norweger Sondre Lerche ist bekannt für seine nostalgischen Songs, mal im Crooner-Style, mal fluffig im fröhlichen Uptempo. Dass es auf seinem neuen Album „Please“ am Rande auch zu einigen harschen Dissonanzen kommt, liegt wahrscheinlich daran, dass es sein Trennungsalbum zur Scheidung von der Schauspielerin Mona Fastvold ist und zu allem Übel auch noch auf dem zuvor gegründeten eigenen Label Mona Records erscheint. Dafür klingt Sondre aber immer noch verhältnismäßig fröhlich-aufgedreht. Die französische Sängerin Fredda zählt innerhalb des Nouvelle Chanson sicher nicht zur schrammeligeren Indie-Fraktion, und auch Elektronica taucht bei ihr nicht auf. Auf ihrem Album „Le Chant des Murmures“ ist sie eher traditionalistisch orientiert. Bei aller Leichtigkeit der Arrangements liegt auf den Stücken immer eine deutliche Spur von Melancholie (Le Pop). Bernholz alias Jez Bernholz hat mit seinem Debütalbum „How Things Are Made“ eine Hommage an (Synthie)-Pop Konzeptalben der späten 70er und frühen 80er Jahre gemacht. Er hangelt sich an der reizvollen Grenze zwischen Pop und Avantgarde zwischen Harmonie und Dissonanz entlang. Dabei klingt er nicht selten wie eine unneurotische Version von John Maus (Anti-Ghost Moon Ray Records). „Raptor“, der Vorab-Track von Rusties „Green Language“ drückt mächtig nach vorne. Auf Green Language wechseln sich solche Rave-Monster, mehr an Grime orientiertere Tracks mit Rap und ruhigeres 80s-Plastikgeschwurbel ab. Solange letzteres nicht überhandnimmt – alles ok (Warp). Mit „10.3.“, der dritten von vier Compilations zur Zehnjahresfeier, versammelt das britische Label Hyperdub ambiente Tracks von Labelchef Kode 9, Dean Blunt, Inga Copeland, Darkstar, Burial, The Bug u.v.m. Das klingt oft hypnotisch, mitunter psychotisch, und hat nur noch wenig gemein mit dem, was man zwischen Dubstep, Grime und Wonkie/Aquacrunk an Bassmusik aus England kennt.
Die Meridian Brothers oder Ondatrópica haben in den letzten Jahren mit ihrer Avantgarde-Tropicana einigen Bekanntheitsgrad erlangt. Ende der 90er Jahre fingen deren Mitglieder als Ensamble Polifonico Vallenato und später als Sexteto La Constelación de Colombia an, die musikalischen Stile Kolumbiens zu zerlegen. Die CD „Fiesta, Que Viva La“ versammelt zehn Stücke der beiden personell identischen Formationen, die psychedelisch und lustvoll an den Nervensträngen ihrer Hörer ziehen (Staubgold). King Ayisoba aus Ghana spielt die zweiseitige Kologo und hat bereits mit seinem ersten Album „Modern Ghanaians“ für Aufmerksamkeit gesorgt: Gleichsam melodisch und rhythmisch, entfalten auch die Stücke auf dem neuen Album „Wicked Leaders“ schnell ihre repetitive Wirkung, die wiederum von dem rauen Gesang Ayisobas kontrastiert wird (Makkum).
Als Sextett präsentiert der norwegische Trompeter Arve Henriksen seine Musik auf dem neuen Album „The Nature of Connections“. Das rein akustische Kollektiv spielt neun ruhige, getragene Stücke, die zwar immer den Geist des Jazz atmen, aber ebenso gut folkloristische Assoziationen heraufbeschwören (rune grammofon). Das Ensemble Zeitkratzer hat Lou Reeds außergewöhnliche Noise-Platte „Metal Machine Music“ von 1975 komplett für Orchester transkribiert und das gut einstündige Werk in einem Durchlauf live gespielt. In dieser nach einer ersten Version von 2007 neuen Interpretation flirren Reeds Feedbacks als Violinkratzer durch den Raum, und das Stück, das seinerzeit im Popkontext einen kleinen Skandal auslöste, scheint nun im Gewand von Minimalmusic endlich ein angemessenes Zuhause zu finden. Aufreibend (Zeitkratzer).
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