Jenny Thiele zeigt sich begeistert darüber, wie Sopranistin Elia Cohen-Weissert ihren Song „Unknow“ als Opernarie interpretiert. Der Singer-Songwriterin entfährt es sogar, ob sie nicht besser Opern scheiben solle. Umgekehrt verhält es sich genauso, als Thiele Giacomo Puccinis Arie der Musetta „Quando m’en vo“ aus der Oper „La Bohème“ wie ein Stück aus eigener Feder vorträgt. Beide umarmen sich herzlich als Dank für die Genrewechsel. Zum Schluss präsentieren sie sogar einträchtig „Both Sides Now“ von der kanadischen Singer-Songwriterin Joni Mitchell. Wieder einmal prallen Gegensätze in der Reihe „Songs & Arien“ aufeinander, eine Koproduktion des soziokulturellen Orts Insel mit der Oper Wuppertal. Doch an diesem Abend stoßen sie sich nicht ab, sondern werden gleichberechtigt nebeneinander gestellt.
Zwei Welten
Natürlich sind es zwei verschiedene Welten, um die es geht. Zum einen ist es die U-Musik, für die sich die in Köln wohnende Jenny Thiele bereits im Alter von 15 Jahren entschieden hat. Sie wurde zwar mit der Klassik konfrontiert, indem sie als Kind ihre Mutter zu Opernaufführungen mitnahm und eine großartige Erfahrung als Teilnehmerin an der Oper „The Picture Of Dorian Grey“ von Thomas Agerfeldt Olesen machte. Doch sie ging und geht weiterhin ihren Weg als Singer-Songwriterin. Als Freiberuflerin müsse sie hinsichtlich ihrer Karriere allein eigenverantwortlich Entscheidungen treffen. Eigene Songs etwa aus ihrem erfolgreichen Album „Killing Time“ und im Juni erscheinenden CD „Platz“ hat sie mit im Gepäck: „Frieden“, den bereits erwähnten „Unknow“, die erste Single-Auskopplung „Dancer In The Blue“ aus „Platz“, „Loonie“ und „Nehmt mich mit“. Am Synthesizer, bei „Dancer In The Blue“ auch eine heiße Sohle aufs Parkett legend, singt sie diese Nummern mit ihrer warmen, sanften Stimme. Dabei ist ihr Philipp Ullrich am Synthesizer und an der E-Gitarre ein einfühlsamer Begleiter.
Ohne Umschweife
Zum anderen ist es die ernste Musik. Auf diesem Gebiet ist Elia Cohen-Weissert tätig. Als Kind hörte sie zwar auch die Musik von Elvis Presley und den Beatles, erzählt sie, doch die Klassik war und ist ihre Profession. Die Nachwuchssopranistin ist Mitglied des Opernstudios NRW und dementsprechend in den Opernhäusern Dortmund, Essen, Gelsenkirchen und Wuppertal beschäftigt. Bevor sie die Gesangslaufbahn einschlug, war sie als studierte Cellistin etwa mit einem Streichquartett unterwegs. In dieser Berufsphase sei sie selbstbestimmt gewesen. Nun sehe es anders aus, wie Gesang und Rollen zu gestalten sind, habe nicht mehr sie zu entscheiden. Allgemein seien Opernsänger in der Hierarchie unten angesiedelt. Dessen ungeachtet liebt sie etwa die Stücke, die sie mitgebracht hat: die Arie der Juliette „Le veux vivre“ aus „Roméo et Juliette“ von Charles Gounod, die der Pamina „Ach ich fühl’s“ aus Wolfgang Amadeus Mozarts „Die Zauberflöte“, die besagte Puccini-Arie, aus Gaetano Donizettis Deux hommes et une femme“ die Aria der Rita „De mon auberge ainsi“ und das Lied „Die Nachtigall“ aus Alban Bergs spätromantischer Sammlung „Sieben frühe Lieder“. Am Klavier sensibel begleitet von Yuna Kudo, der künstlerischen Leiterin des Opernstudios, gestaltet sie mit einem auffallenden Vibrato den emotionalen Gehalt dieser Stücke bis auf ein paar angestoßene Töne in der Höhe ausgewogen und ausdrucksstark.
Beide Musikerinnen stehen in Gesprächsrunden Torsten Krug vom Insel-Team Rede und Antwort. Ohne Umschweife plaudern sie über ihre musikalischen Erfahrungen während ihrer Kindheit und Jugend, ihren beruflichen Werdegang und Inhalte ihrer vorgestellten Programme. Das Publikum im gut besuchten Insel-Auditorium spendet ausgiebigen Schlussapplaus.
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