Für faire Kleidung fordern wir es, für unsere Schokolade auch: Die Herstellung soll unter menschenwürdigen Umständen stattfinden und die Menschen von dem, was sie erwirtschaften, leben können. Gilt das auch für die Energiewende? Was nützt der Bau von Anlagen für erneuerbare Energien (EE), wenn der Rohstoff-Abbau ökologisch und menschenrechtlich fragwürdig passiert? Zu diesem Schluss kommt das Bischöfliche Hilfswerk Misereor in der Studie „Rohstoffe für die Energiewende“ vom Februar dieses Jahres.
Die Mehrheit der dabei befragten Unternehmen - besonders aus den Bereichen Photovoltaik und Windanlagen – hat derzeit keinen Überblick darüber, woher die Rohstoffe zum Anlagenbau stammen oder unter welchen Bedingungen diese abgebaut werden.
Laut der Studie liegt der Ressourcenverbrauch von Kupfer, Aluminium und Eisen im Bereich Photovoltaik am höchsten. Zement wird insbesondere für den Bau von Wasserkraftwerken benötigt, Eisen für den von Windkraftanlagen.
Aber woher stammen die Rohstoffe? Und wie werden sie abgebaut? Sie stammen oftmals aus Entwicklungsländern, insbesondere aus politisch instabilen Regionen. Global betrachtet kommt das meiste Eisen mit 16 Prozent aus Brasilien, der höchste Kupferanteil mit 24 Prozent aus Peru. Die Arbeitsbedingungen sind prekär: teils illegal, ohne Schutzkleidung, schuften die Menschen unbegrenzt und unter schwerer körperlicher Belastung. Viel Verdienst bleibt ihnen nicht.
Auch, wenn bereits jetzt recycelte Materialien in den Anlagen verbaut werden - zukünftig wird das kaum noch möglich sein: Die EU drückt beim Ausbau weiter aufs Tempo, und damit wird die Nachfrage zu groß.
Die Weltbank hat dazu verschiedene Klimaszenarien formuliert. Ausgehend vom 2-Grad-Ziel würde es allein 250 Prozent Nachfrage auf metallische Rohstoffe in Bezug auf Windkraft, 300 Prozent in Bezug auf Photovoltaik geben. Würde von einem 4-Grad-Ziel ausgegangen, läge der Bedarf für die Windkraft auch immer noch bei 150 Prozent. Um den Eingang von Primärrohstoffen in den Herstellungsprozess kommen wir danach nicht herum.
Bis 2030 soll die Öko-Energie innerhalb der EU bei 32 Prozent liegen. Um die Klimaziele zu halten, die die EU sich gegeben hat, werden also schnell weitere Anlagen benötigt. Dezentrale Energieerzeugung hat dabei den Vorteil, dass der Strom nicht ins Hochspannungsnetz eingespeist werden muss. So verringern sich Verluste, die durch Transformation auf andere Spannungsebenen entstehen. Zwischen 2000 und 2015 sind Übertragungsverluste im deutschen Stromnetz bereits um etwa 20 Prozent rückläufig laut dem Jahresbericht 2015 der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen. Das kann schon jetzt der dezentralen Energieerzeugung zugeschrieben werden.
Die Studie von Misereor kommt zu dem Ergebnis, dass ein Umstieg auf Erneuerbare Energien alternativlos sei. Um dem Dilemma mit der Ressourcengewinnung für den Bau der Anlagen für Wind, Sonne und Wasser zu begegnen, fordert sie: Die Unternehmen müssen sich stärker mit ihrer Wertschöpfungskette auseinander setzen. Dazu gehört auch, die Rohstoffe auf ihre Herkunft hin zu untersuchen und das Risiko für die Menschen in den Abbaugebieten zu ermitteln.
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