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Sonnenstrom vom sonnigen Balkon: Fertige Kombi-Module sollen auf einfache Weise helfen, bis zu einem Viertel des Energieverbrauchs im Haushalt abzudecken. Allerdings sind einige Sicherheitsfragen zu beachten
Foto: Laudeley Betriebstechnik / Sun Invention

Solarstrom: Am besten selbst verbrauchen

01. Juni 2013

Ein Jahr nach der Regierungs-Bremse bleiben nur noch wenige lohnende Möglichkeiten – Innovation 06/13

Als die Bundesregierung im Frühjahr 2012 auf die „Solarbremse“ trat, hagelte es Kritik aus dem Lager der Ökostrom-Aktivisten. Ein Jahr später zählt man: drastisch gekürzte Fördersätze im Erneuerbare-Energien-Gesetz, starke Markteinbrüche, insolvente Solarfabriken, haufenweise abgesagte Photovoltaik-Projekte. Eine Reihe von Akteuren versucht trotzig auszuloten, ob beim Solarstrom, dem Energieträger der „kleinen Leute“, noch was geht.

Den Bürger-Investoren am geplanten 2-MW-Freiflächenkraftwerk auf der Alt-Deponie Huckarde verdarb die Post der Solarplus GmbH jegliche Frühlingsstimmung. „Kurz vor dem Ziel haben wir den Baubeginn des Bürgersolarkraftwerks in Dortmund absagen müssen“, teilten die Geschäftsführer Ansgar Bek und Stefan Schlepütz im März mit. Just als man alle Bankzusagen beisammen hatte, seien die Module nur noch zu höheren Preisen zu bekommen gewesen. Außerdem sei mit womöglich kostspieligen Nachforderungen zur Baugenehmigung zu rechnen gewesen. „Solarplus“ zog die Notbremse und glaubt, „dass es vor der Bundestagswahl wegen der allgemeinen Unsicherheit im Energiebereich keine Neuauflage geben wird.“

„Die zum Teil überzogenen Einschnitte bei der Solarstromförderung haben zu einer deutlichen Abkühlung der Photovoltaik-Nachfrage insbesondere nach größeren PV-Anlagen geführt“, beobachtet Carsten Körnig vom Bundesverband der Solarwirtschaft. Die Zahlen der Netzagentur belegen, dass vor allem das Segment der mittelgroßen Anlagen vehement abstürzte: Im zweiten Halbjahr 2012 sank die Baulust im Vergleich zu 2011 um 59 Prozent. Zudem steigen die Modulpreise wieder leicht, seit aus Sorge um Einfuhrzölle die Importe aus China einknicken. Die verbliebenen deutschen Hersteller sehen nun die Chance, wenigstens keine roten Zahlen mehr zu schreiben.

Heftig traf es Bürgerenergie-Genossenschaften, die sich als die Motoren der Energiewende vor Ort begreifen. Sie leiden zusätzlich unter der EEG-Maßgabe, nun zehn Prozent des erzeugten Stromes selbst verbrauchen oder vermarkten zu müssen. Bis dato eine kaum lösbare Aufgabe. „Wenn nicht alle Faktoren zu 100 Prozent passen, kann man Solaranlagen derzeit nicht rentabel bauen“, heißt es bei der Gelsenkirchener „EnergieBuerGEr eG“. Wem die innige Zuneigung der Berliner Regierung gehört, ließ sich an der kürzlich versuchten „Strompreisbremse“ ablesen. Gerupft werden sollten alle Ökostromerzeuger – außer die Bauherren der Offshore-Windkraftwerke. Bis auf wenige Ausnahmen sind das die großen vier Stromkonzerne.

Fieberhaft wird nun überlegt, was im Solarbereich überhaupt noch „geht“. Stark favorisiert sind Eigenverbrauchslösungen – mit oder ohne Speicher. Vor allem Gewerbebetriebe mit tauglichen Hallendächern haben eine reelle Chance, ihre Energiekosten zu senken: Eine 20-kWp-Anlage erzeugt übers Jahr im Ruhrgebiet etwa 18.000 Kilowattstunden Strom. Auch ohne Batteriepuffer sind ca. 60 Prozent Selbstverbrauch drin. Statt derzeit 20 Cent netto an den Stromversorger zu zahlen, kann man sich für 14 bis 15 Cent pro Kilowattstunde zumindest zum Teil vom eigenen Dach versorgen. Bei planbar steigenden Stromkosten in den kommenden Jahren ein attraktiver Gedanke.

Auch private Hauseigner können sich so vom Energie-Fremdbezug unabhängiger machen. Zwar sind Haushalte wie bei der Bochumer Familie Herbers selten, wo man bei Sonnenschein gezielt die Wasch- oder Spülmaschine anwirft und selbst ohne Speicher einen Eigenverbrauch von fast 50 Prozent erzielt. Doch seit Batterie-Einheiten von der KfW mit bis zu 3.000 Euro plus günstigen Kredit gefördert werden, hoffen die Solarbauer in diesem Segment wieder auf bessere Zeiten.

Autarkie im kleinen Maßstab verheißt aktuell eine Erfindung des norddeutschen Ingenieurs Holger Laudeley, der Hauseignern und Mietern sogenannte „Balkon-Kraftwerke“ schmackhaft macht. Es handelt sich um Solarmodule, die mit Gleichrichter und Steuerelektronik zur separaten Einheit verschraubt sind und einfach in die Steckdose gestöpselt werden. „Das ist ein System für den kleinen Mann. Jeder, der Photovoltaik-Strom erzeugen möchte, kann das am Balkon, der Fassade oder auf der Garage flexibel einsetzen“, lockt der Konstrukteur aus Ritterhude, der bereits 1.500 solcher Elemente verkauft haben will. Strombezugs-Ersparnis bei drei Modulen: bis zu 25 Prozent.

Allerdings erfolgt der Betrieb in einer Grauzone, denn „Plug & Save“ ist in Deutschland weder erlaubt noch verboten. Laudeley verweist darauf, dass Anlagen, die in einem anderen EU-Staat zugelassen sind (und das seien sie in England und den Niederlanden), auch hier als sicher gälten. Schwerer wiegen Argumente des VDE, die der Produzent „Sun Invention“ teilweise einräumt: So könnten alte Stromleitungen im Haushalt überlastet werden, ratsam sei der Ersatz der üblichen 16-Ampere- durch eine 10-Ampere-Sicherung. Also: Obacht!

Probleme dürften zudem Wohnungseigner bekommen, die etwa eine Balkon-Installation der Module mit der Hausgemeinschaft abstimmen müssen. Wer weiß, wie manchmal schon Rankpflanzen für Zwist sorgen, ahnt die Tücken des individuellen Aufstellens.

TOM JOST

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