An Madonnas „Bitch, I'm Madonna“ hat er auch schon mitgewerkelt, aber eigentlich ist die Musik des britischen Produzenten Sophie Pop mit Anführungsstrichen. Seine von Trap beeinflussten Tracks mit gepitchten Vocals klingen, als würde in einem Laden ein Stapel buntes Plastikspielzeug zusammenstürzen und sich anschließend aus dem grell funkelnden Haufen das Kriegsspielzeug heraus schaufeln – so in etwa. Mit „Product“ erscheint nun eine Compilation seiner Single-Tracks, darunter der Hit „Bipp“, und ein paar neuer Stücke (Numbers). Viel ruhiger, wohltemperierter geht es bei Flanger zu. Das Projekt von Burnt Friedman und AtomTM veröffentlicht mit „Lollopy Dripper“ sein fünftes Album, und wieder wandeln sie mit ihrer Musikfantasie organisch zwischen Jazz, Dub und Weltmusik, zwischen analog und digital, dass man die einzelnen Elemente nicht mehr extrahieren könnte (None Place).
The Schwarzenbach sind das Kammerflimmer Kollektif und der Journalist und Schriftsteller Dietmar Dath als Sänger. Ihr zweites Album nennen sie „nicht sterben. Aufpassen“, und das erste Stück heißt „Zarte Blüte Hass“. Mit Wortgewalt widmet sich Dath den Widersprüchen, und auch die Musik kann sowohl Drone als auch Jazz, dunkles Grollen als auch freundliches Schwingen. Doch anders als die Musik, scheinen die Texte entschlüsselt werden zu wollen. Vielleicht das aber gerade auch nicht (Staubgold). Die Drone-Metaller Sun O))) breiten auf ihrem neuen Album – nach Platten mit Scott Walker und Ulver dieses Mal keine Kooperation – drei Klangteppiche aus, die sie „Kannon“, der buddhistischen Göttin der Barmherzigkeit widmen. Es dräut und grollt und grunzt, doch mit diesem Hintergrundwissen im Kopf kann man vielleicht auch etwas Wärme und Geborgenheit in die Musik hinein interpretieren. Nun ja, wir wollen nicht übertreiben … (Southern Lord). Das ist bei Lubomyr Melnyk ganz anders. Der Pianist hat sich einen Namen als Speed-Pianist gemacht und ist der Erfinder der sogenannten Continous Music, bei der sich aufgrund des schnellen Anschlags die Töne zunehmend überlappen. Auf seiner Webseite klingt die Beschreibung seiner Musik eher nach Leistungssport, und die verwendete Begrifflichkeit ist etwas handwerklich und superlativ geraten. Und die Musik? Die ist von einnehmender Schönheit. Vergleicht man die minimalistischen – oder, wie er selbst lieber sagt: maximalistischen Stücke seiner neuen Platte „Rivers and Streams“ aber mit Minimalkomponisten wie Steve Reich oder Terry Riley, dann kann man sich mitunter auch fragen, ob das nicht schon eher Kitsch ist (Erased Tapes).
„Plattenkisten“ ist eine von Jörn Morisse und Felix Gebhard herausgegebene „Exkursion in die Vinylkultur“. Das Buchformat erinnert sogleich an den berühmten Coffee-Table, und die sehr großen Bilder unterstreichen diesen Bestimmungsort des Bandes. Leider reiht sich so mancher der Texte in das Image ein: Ein Saturn-Abteilungsleiter plaudert in PR-Sprech über die Vinylabteilung, und auch einige der anderen Texte von DJs, Sammlern, Musikern, Archivaren, Plattenproduzenten und -händlern sowie aus Tonstudios, Plattenspielerproduktionen und Presswerken schlagen in eine ähnliche Kerbe. Dagegen halten Texte mit interessanten Beobachtungen zu Historie, Gegenwart, kulturellen und sozialen Aspekten dieses emotional aufgeladenen Mediums von u.a. Hans Nieswandt, Thurston Moore, Chris von Rautenkranz. Immer wieder interessant, aber ebenso häufig mit Branchenblatt-Gestus (Ventil).
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