Wim Wenders hält Hof. In Düsseldorf zeigt das Museum Kunstpalast eine Werkschau seiner Fotografien, flankiert von Vorführungen der Filme und mehreren Gesprächen. Ein Anlass ist, dass Wenders, der in der Landeshauptstadt aufgewachsen ist, demnächst seinen 70. Geburtstag feiert. Ein weiterer ist die Bedeutung seiner Fotografien. Ein zusätzlicher Anreiz ist die Frage, inwieweit die Fotografien über ihre eigenen Qualitäten hinaus Hinweise auf Wenders‘Filme liefern.
Im Gespräch betont Wenders indes die Autonomie und Verschiedenheit der Medien – schon im Technischen, dann im völlig anderen Vorgehen bei den Fotografien, die (alleine und fernab vom Rummel am Filmset) ausschließlich analog entstehen. Und während die Filmbilder in ihrer Abfolge Erzählungen konstituieren, sind die Fotografien, die meist als einzelne Aufnahmen vorliegen, frei davon. Genau das interessiert Wenders beim Fotografieren: Die Potenz des Ortes selbst, seine Aura und Geschichte. Dazu bleibt er inmitten der Gegebenheiten auf Distanz, respektiert die Unberührbarkeit der Landschaft und fängt alles in großer Detailschärfe ein. Er erweist sich als Augenzeuge, der zwischen dem Sichtbaren und dem vermittelt, was die Fotografie a priori nicht mitzuteilen vermag: dem Eigentlichen und Wesentlichen. Menschen finden sich in seinen Fotografien fast nie; viel eher wendet sich Wenders dem Entleerten zu, welches das Sehen entschleunigt, die Zeit ausschließt und Stille schafft.
Wie kritisch und seismographisch Wenders dabei die Umgebung wahrnimmt, zeigen nun die Fotografien im Museum Kunstpalast, die auf der ganzen Welt entstanden sind und nach den Anfängen in s/w Mitte der 70er Jahre längst in Farbe und im monumentalen Panoramaformat entstehen. Eindrucksvoll ist Wenders Gespür für das natürliche Licht. Das zeigt nicht nur die Aufnahme eines Waldes, in dem sich die gleißende Helligkeit geradezu materiell zwischen den Baumstämmen sammelt, sondern auch seine Serie von Ground Zero, wo das plötzlich hereinbrechende Sonnenlicht dem Ort eine hoffnungsvoll mystische Dimension verleiht, und die Manifestation einer schlängelnden Sinuskurve in den Fotografien von Fukushima, die, wie Wenders berichtet, tatsächlich ein Niederschlag der Radioaktivität auf dem Filmmaterial war und diese unsichtbare Strahlung so sichtbar gemacht hat.
Im zweiten Ausstellungssaal des Museum Kunstpalast trifft uns dann die ganze Wucht der monumentalen Landschaft, die sich in die schiere Weite erstreckt. Der Horizont ist oft nach unten gerückt, trennend zwischen Wüste, Erde bzw. Wasser und Himmel. Wenders hält das Unberührte und Archaische fest, mit den Überbleibseln menschlicher Zeugnisse. Erhabenheit und Verlassenheit sind eins. Ganz unspektakulär, schließlich selbstverständlich, wie in den Filmen.
„Wim Wenders. Landschaften. Photographien.“ | bis 16.8. | Museum Kunstpalast Düsseldorf | 0211 56 64 21 00
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