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Die Kraftwerkroboter bei ihrem 3D-Konzert in der K20, Kunstsammlung NRW in Düsseldorf 2013
© Peter Boettcher, Courtesy Sprüth Magers

Von der Macht der Klangerzeuger

09. Februar 2022

100 Jahre Elektromusik – eine Zeitreise im Düsseldorfer Kunstpalast – kunst & gut 02/22

Eine performative Ausstellung in Düsseldorf versucht mit 500 teils interaktiven Exponatendas Wesen elektronischer Musik greifbar zu machen, die Club-Kultur in ein Museum zu implementieren und dazu noch eine Genealogie der technischen Entwicklung dieser Musikrichtung nachzuzeichnen. So mischen sich ganz ohne DJ dumpfer Drum 'n' Bass und schrille alte Elektrosounds gemeinsam im Museum Kunstpalast in Düsseldorf. Das Ergebnis ist schier überwältigend. One, two, three, Techno!

Das kommt erst später. Erst einmal wird die Maschinerie hinter den Sounds präsentiert. Und da stehen sie, die unerreichbaren Synthies der Jugend. Moog, Roland, EMS – da reichte kein Taschengeld. Dafür war man ganz nah dran am Aufbruch in die musikalische Zukunft, wenn auch Vinyl von Pierre Henry damals eher Kopfschütteln als Anerkennung erzeugte. Allerdings ließ der WDR einen Fan nicht allein – das Studio für elektronische Musik in Köln lieferte bereits Ende der 1960er Jahre Sounds von fernen Galaxien und den „Gesang der Jünglinge“. Fotografien des Studios mit Karlheinz Stockhausen lassen Wehmut aufkommen.

Aber dann, nicht viel später, erreichte der Sound von Kraftwerk die heimischen Lautsprecher. Die Düsseldorfer Avantgardisten sind das schlagende Herz der Ausstellung „Electro. Von Kraftwerk bis Techno“ geworden, die bereits reduzierter in London und Paris gezeigt wurde. Wo stünden wir heute, wenn es Kraftwerk nicht gegeben hätte? Eine Frage direkt ans Universum. Anfangs belächelt, eroberte ihre visionäre, bereits in den 1970ern Genre-übergreifende Kunstform den ganzen Planeten und damit alle Clubs zwischen New York, Berlin und Tokio. Mit einer 3D-Brille kann man sie in der Ausstellung im Kunstpalast fast live erleben. AR-Brillen sind noch nicht zu sehen. What you like is in the Limo. Die alte und junge Club-Szene schlendert durch die kleinen, liebevoll gestalteten Boxen. Der Sound wechselt mit den Standpunkten in der düsteren Gerüstbauarchitektur, die auch durch viele Eyecatcher strukturiert ist. Eine „For the Love of God“-Assoziation von Damian Hurst hier oder eine Vitrine mit den Bühnenoutfits von Daft-Punk, die im letzten Jahr aufgegeben haben. What you get is no tomorrow. Möglicherweise. Die FFP2-Maske nervt erheblich und die Schließung einer ganzen Branche ist eine Katastrophe. Eine Vitrine voller Club-Flyer zeigt den momentanen Verlust.

Die Clubs waren der Nährboden, auf dem immer neue Sounds generiert wurden. Tanzen als Massenphänomen, Tanzen als politisches Statement, auch gegen das Establishment da draußen, und die „Schutzräume“ hüllten die LGBTIQ-Szene. Viel gesellschaftliche Entwicklung wurde hier in die Politik durchgestochen. Dann erreicht auch die bildende Kunst die „Electro“-Ausstellung: Riesige Fotos von Andreas Gursky zeigen die pulsierenden Massen beim Rave (May Day IV, 2000). Doch die musikalisch-technische Entwicklung soll ja noch weitergehen. KI ist das neue It-Word. Die sechste Struktur kann da noch nicht allzu viel bieten. Es ist eine unheilige Mischung aus Fritz Langs Metropolis-Roboter und den „bösen“ Mechanics von Boston Dynamics. Ob die irgendwann die Szene aufmischen, wer weiß das schon?

Electro. Von Kraftwerk bis Techno | bis 15.5. | Kunstpalast, Düsseldorf | 0211 56 64 21 00

Peter Ortmann

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