Hinten links in der kunst- und kulturgeschichtlichen Ausstellung „Florenz!“ ist in der Bundeskunsthalle Bonn eine separate Schau zu sehen, die den Fokus wieder auf die Gegenwart richtet: Sie zeigt Kunst, die in den letzten hundert Jahren in Florenz entstanden ist, und zwar von Gästen der Stadt, angereist überwiegend aus Deutschland. Vorgestellt wird die Aktivität der Villa Romana. 1905 wurde die klassizistische Villa an der Via Senese von Max Klinger als Institution in deutscher Hand eingerichtet. Selbst bedeutender Maler, hatte Klinger das Anwesen im Grünen erworben, um dort Kollegen ein ungestörtes Arbeiten in eigenen Atelierräumen zu verschaffen. Heute wird die Villa Romana von einem Verein getragen, mit Unterstützung u.a. des Bundes und einer geregelten Vergabe der Aufenthalte im Sinne von Stipendien. Die Schau, die nun aus der Sammlung der Villa Romana mit Werken ehemaliger und aktueller Gäste eingerichtet wurde, ist ein kleines Sammelsurium mit Schwerpunkt auf der Kunst der jüngsten Zeit. Deutlich wird, wie viele mittlerweile hochgeschätzte Künstler hier frühe Anerkennung erfahren haben (so enthält die Schau Werke von Georg Baselitz, Anna Oppermann, Katharina Grosse oder Henrik Olesen), wie sehr aber auch der Ort auf die Kunst selbst einwirkt, die hier etwa die Gegenwart Italiens reflektiert und sogar auf die Werke früherer Stipendiaten reagiert. Die Ausstellung deutet überhaupt den Wandel der Künste an, mit der zunehmenden medialen Offenheit, ihren Bezügen auch zu Architektur und dem Verwischen nationaler Grenzen. Das aber macht sie über Fachkreise hinaus interessant.
In Düsseldorf ist ab Mitte Februar eine ähnlich informative, dabei völlig anders strukturierte und motivierte Ausstellung mit einer Vielzahl unterschiedlicher Künstler aus den verschiedenen Generationen zu sehen. Auch die „Grosse Kunstausstellung NRW“ blickt auf eine lange Geschichte zurück. Erstmals 1902 durchgeführt, ist sie der Prototyp der jährlich veranstalteten, demokratisch angelegten Ausstellung vieler Künstler, juriert auch von Künstlern. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, wird sie seit jeher im Museumsquartier Ehrenhof in Düsseldorf durchgeführt; dort ist sie nun im Museum Kunstpalast untergebracht. Und mit dessen Unterstützung zusammengestellt und organisiert, hat sie in der jüngsten Zeit an Niveau gewonnen: Dies betrifft die Qualität der Kunst und die Form der Präsentation, welche die Beiträge nach Gattungen und Medien ordnet und damit „sinnfälliger“ werden lässt. In diesem Rahmen werden von der „Grossen Kunstausstellung NRW“ zudem der „Kunstpreis der Künstler“ – Preisträgerin ist in diesem Jahr die Düsseldorfer Bildhauerin Beatrix Sassen – und ein Förderpreis für junge Künstler vergeben. Davon abgesehen, dass etliche renommierte Künstler teilnehmen, liegt der besondere Gewinn darin, die aktuelle Produktion von ebenso geschätzten, aber selten gezeigten Künstlern sehen zu können. Ein bisschen trägt diese Ausstellung, an der überwiegend Künstler aus NRW beteiligt sind, den Charakter eines Volksfestes. Sie ist also ein relativ zwanglos wirkendes Stelldichein der hiesigen Kunstszene und als solches sehr sehenswert.
„Villa Romana 1905-2013“, bis 9.3. in der Bundeskunsthalle Bonn, www.bundeskunsthalle.de
„Grosse Kunstausstellung NRW“, 16.2.-9.3. im Museum Kunstpalast in Düsseldorf, www.diegrosse.de
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