Die Liars, inzwischen zum Soloprojekt von Angus Andrew geschmolzen, klingen nie gleich. So auch auf dem achten Album „TFCF“, das Andrew in seiner alten Heimat Australien in der Einsamkeit einer kleinen Insel produziert hat. Elektronik, akustische Instrumente und Field-Records formen sich zu wundervollen experimentellen Popsongs. Tolles Cover auch... (Mute). „Copyshop“ ist das zweite Album des Berliners Romano. Der Zopf tragende Blonde galt zunächst als Novelty-Gag, zuvor hatte er es schon mit Schlager-House versucht. Und der Titeltrack lässt auch fürchten, dass Romano zumindest musikalisch nichts Neues zu bieten hat. Aber auch das zweite Album macht nicht nur wegen der absurden, obercoolen Großmaultexte, sondern auch wegen der gut bouncenden Produktion von Siriusmo Spaß. Schon mehr als ein Gag, das Ganze. Vielleicht geht es dieses Mal ja in die Charts (Universal). Kaum zu glauben, aber das jährlich erscheinende Showcase des Kölner Technolabels Kompakt erscheint schon seit 17 Jahren. „Total 17“ liefert wieder eine Mischung aus den altgedienten Labelartists und Betreibern inklusive Voigt & Voigt, Mayer & Thomas, Superpitcher, Jürgen Paape oder lange assoziierten Kollegen wie T.Raumschmiere oder Kölsch und jüngeren Acts, die zwischen Techno und Pop, zwischen verspult und verkitscht und zwischen klar und schwammig eine große, natürlich auch qualitativ wechselhafte Bandbreite abbilden.
Wiederveröffentlichungen, die sich lohnen: 1987 erschien Yasuaki Shimizus instrumentale „Music for Commercials“ als zwölfte Veröffentlichung der Reihe „Made to Measure“. Klingt viel schlimmer, als es ist, denn wenn Werbung derart musikalisch untermalt wäre, wäre sie ein Genuss: Kurze, entspannte, aber nie glatte Miniaturen voller niedlicher Soundideen betören den Hörer. Die Stücke heißen übrigens „Honda“, „Sharp“, „Ricoh“ oder auch „Knorr“, weil sie – so unwahrscheinlich das klingt – tatsächlich für Werbung verwendet wurde (Crammed Disc). Wenn denn der Begriff World Music jemals sinnvoll verwendet werden kann, dann bei der „Fourth World“-Reihe des Trompeters Jon Hassell. Die Volume One „Possible Musics“ entstand 1980 gemeinsam mit Brian Eno für dessen Ambient-Serie, ein Jahr darauf folgte „Dream Theory in Malaya“. Auch dies war eine fantastische Musik in dem Sinn, dass keine Nachahmung, keine Adaption, sondern eine Fantasie einer Musik einer anderen Welt entstand. Orientiert an der Tradition des Traumerzählens in Malaysia finden hier ethnologische Instrumente und Elektronik ganz frei von Pathos oder Kitsch zusammen zu einer avantgardistischen Reise durch eine fremde Welt (tak:til).
Seit Mitte der 90er Jahre repräsentiert die Zeitschrift testcard eine intensive kritische Betrachtung der Popkultur. Zum Jubiläum widmet sich testcard auf knapp 350 Seiten nun auf der Metaebene dem Thema „Kritik“ und fragt, was sie soll, was sie kann, wie sie sein sollte und warum beziehungsweise ob sie überhaupt noch sein sollte. Denn das Ganze war und ist arbeitsintensiv und zugleich ökonomisch nicht rentabel. Dass diese Kritik hier des Heftes „Kritik“ nur wenige Zeilen hat und auf einem schnellen Querlesen des Magazins basiert, ist bezeichnend und Teil der Probleme, die das Heft ausführlich spiegelt. Dass die Veröffentlichung der testcard-Ausgabe ewig verschoben werden musste und der Ventil-Verlag gerade eine Crowdfunding-Campagne gestartet hat (erfolgreich!), ist ebenfalls ein Zeichen für eine Krise der Kritik. Trotzdem bitte weitermachen...
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