In der Frühzeit des 20. Jahrhunderts überschlugen sich die Ereignisse. Technische Errungenschaften machten das Leben schneller und führten zu einem Wandel der Gesellschaft. Der Widerstreit von Tradition und Fortschritt verstärkte sich. Die Großstädte wuchsen, damit gingen soziale Fragen einher. In Deutschland lebte ein Teil der Bevölkerung in Saus und Braus, der andere verarmte. In diesem Gebräu aus ambivalenten Erfahrungen brach der Erste Weltkrieg aus, im August 1914 … Die erste globale Katastrophe des 20. Jahrhunderts jährt sich nun zum hundertsten Mal und auch in NRW werden die damaligen Ereignisse beleuchtet. Bereits im vergangenen Herbst hat das Landesmuseum Bonn die Schau „1914 – Welt in Farbe“ eröffnet. Ausgestellt sind Ausschnitte der „Archive des Planeten“, die der französische Bankier Albert Kahn 1908-1930 zusammentrug, um so zum Verständnis für fremde Völker beizutragen und den heraufziehenden Krieg zu verhindern. Er beauftragte Fotografen, überall auf der Welt, auch in den Kolonien, den Alltag aufzunehmen. Die 72.000 Fotografien und die Filme, die er gesammelt hat, bilden ein phänomenales ethnographisches Archiv, das Kulturen vor ihrem Aussterben festhält. Natürlich ist der Blick von Kahns Fotografen westlich geprägt; die Fotos sind in Farbe aufgenommen und wirken dadurch fast wie von heute, mit dem Anspruch des Dokumentarischen.
Hingegen sind die Gemälde, Zeichnungen und Skulpturen, die derzeit in der Bundeskunsthalle Bonn gezeigt werden, gelebte Erfahrungen der Kriegsjahre und der Jahre davor. Die Kunst war ein Seismograph ihrer Zeit und äußerte sich in großer stilistischer Vielfalt. Zentren waren Paris und Berlin. Aber der rege Austausch unter den Künstlern in Europa brach mit Kriegsbeginn ab. Etliche der berühmtesten Künstler wurden in den Krieg eingezogen, einige von ihnen fielen. Jeder verbildlichte den Krieg auf eigene Weise in seiner Kunst. Teils wurde der Krieg heroisiert, teils wurden die Schrecken dramatisch vor Augen geführt; wieder andere Künstler widmeten sich dem Leid, und das mit den Mitteln der künstlerischen Avantgarde. Aus diesem Themenkomplex hat die Bundeskunsthalle nun eine kunsthistorisch gediegene, ausgesprochen informative Ausstellung geschaffen, die auch das einzelne Werk würdigt. Begleitend werden fotografische und historische Zeugnisse gezeigt, etwa ein Stahlhelm und – bereits im Radius der Kunst – der Kamm von Marcel Duchamp. Zu sehen sind Werke von Max Beckmann, Malewitsch, Picasso, Egon Schiele und etlichen weiteren Protagonisten der avantgardistischen Kunstströmungen zwischen Abstraktion und Realismus. Übrigens ist Wilhelm Lehmbrucks „Gestürzter“ als Bronzeguss derzeit auch im Duisburger LehmbruckMuseum ausgestellt. Dort wird ausgehend von dem expressionistischen Bildhauer die stilistische Verzahnung in diesen Jahren beleuchtet. Und von Mai bis August zeigt dann das Hagener Osthaus Museum die Ausstellung „Weltenbrand“. Der Erste Weltkrieg und die Kunst dieser Jahre werden 2014 jedenfalls noch einige Male Thema einer Ausstellung sein: Auch wenn Etliches verschollen ist, die Zeit existenzieller Bedrohung hat viele Meisterwerke hervorgebracht.
„1914 – Die Avantgarden im Kampf“, bis 23. Februar in der Bundeskunsthalle Bonn, www.bundeskunsthalle.de
„1914 – Welt in Farbe“, bis 23. März im LVR-Landesmuseum Bonn, www.landesmuseum-bonn.lvr.de
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