Es war eines der ersten Marken im Kreativ-Sektor, die Weltruhm erlangte: das Bauhaus. Es ist auch ein Label, mit dem man Geld verdienen kann. Das war aber nicht die Triebfeder der Gründungsväter damals in Dessau. Eigentlich hatten sie doch mit Stil nichts am Hut, einem gestalteten Hut natürlich. Und so gerät die Ausstellung „Das Bauhaus – Alles ist Design“ in der Bonner Bundeskunsthalle auch zu einer Art Kompass für das Wesentliche, was diese Institution ausmacht, und vielleicht zu zeigen, wo Designer sich heute noch der „reinen Lehre“ verschrieben haben. Design war nämlich alles für die Fusion von Handwerk und Kunst. Der erste Chef im Bauhaus,Walter Gropius, hatte es noch in Weimar bereits mit Lyonel Feininger oder Wassily Kandinsky zu tun, das war sicher ein nicht einfach zu managendes Konglomerat an künstlerischer Geisteswissenschaft, und das mitten in der Weimarer Republik. Aber 1925 ging es ab nach Dessau, die Möbelwirtschaft begann.
Die Ausstellung in Bonn hingegen zeigt erst einmal großformatige Fotografien von durchgestalteten Wohnungsentwürfen aus dem Jahr 1929. Wie sollte es auch anders sein: Das schicke Direktorenhaus von Gropius – nach einer wiederentdeckten AGFA-Farbfotografie – steht der sogenannten „Volkswohnung“ gegenüber. Entstanden wohl für den 2. CIAM-Kongress „Die Wohnung für das Existenzminimum“ in Frankfurt am Main. Also mit Billy-Regal hatte das damals noch nichts zu tun. Was macht man mit ein paar Latten und Stofffetzen aus Omas Restekiste? Genau: einen Armlehnstuhl (Wera Meyer-Waldeck) für die kargen zehn Quadratmeter. Das der ähnlich funktionierte wie der Freischwinger von Marcel Breuer (ist weiter hinten zu sehen) und möglicherweise auch noch bequem war – ärmlich bleibt ärmlich, das kleine Plakat „Raum für alle“ an der Wand erscheint da heute wie Hohn.
Weiter geht‘s. Vorbei an Bühnenbildentwürfen von Roman Clemens (Bauhaus-Diplom Nr. 39) zu Goethes Faust aus 1928, neuen Typografien für Schrift und Werkzeugbeschriftungen, Ittens Farbenlehre, steht man irgendwann auch einmal vor 300 Keramikvasen, die einen Kreis bilden. Die niederländische Designerin Hella Jongerius hat sie 2010 als „Leinwand“ für Farbexperimente benutzt. Aus demselben Jahr stammt auch Yuya Uchidas schwarzes „Retractable sofa“ (PVC-Klappsofa) mit Schild „Bitte nicht setzen“. Kein Wunder bei einem Preis von rund 13.000 Euro – so teuer waren die Dessau-Originale im originalen Bauhaus Musterkatalog von 1925 natürlich nicht. Mit zeitgenössischen Arbeiten versucht die Ausstellung die temporäre Entwicklung der Idee zu zeigen. Bleibt nur noch das Highlight: Der Spieletisch am Ende mit Josef Hartwigs Bauhaus-Schachspiel und Alma Siedhoff-Buscher‘s Bauhaus-Bauspiel (22-teilig).
„Das Bauhaus – Alles ist Design“ | bis 14.8. | Bundeskunsthalle Bonn | 0228 917 10
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