So eine Show kriegt nicht jeder: Am Platz der Republik lud jetzt das Nachbarschaftsheim zur großen Talentschau. Buntes Treiben erfüllte schon am frühen Nachmittag den Saal, wo bis zum Abend ganz Junge und etwas Ältere aus dem Viertel ihr Können zeigten. Auch wenn rund ums Haus das Mitmachen längst Tradition hat: Das Format mit Anmeldung und Jury, organisiert von der Initiative „Wuppertaler Weiße Herzen“, war eine gelungene Premiere – und zugleich Beispiel lebendiger Angebote fürs Viertel.
Viel Aufwand steckte hinter diesem Tag. Die „Weißen Herzen“ um die Verantwortlichen Stephanie Spichala und Ammar Alfahel stehen für Engagement rund um Geflüchtete: Mit diesen haben sich Ehrenamtler der Flüchtlingshilfe Nordstadt zusammen getan, um gemeinsam Hilfe zu bieten – wo sie gebraucht wird, nicht zwingend in Migrationskontexten. Neben ratsuchenden Neubürgern kann das wohl auch der junge Mann sein, der gut anpacken kann und Bedarf findet. Heute waren es also Rampensäue für einen Tag.
„Zeigen, was man drauf hat“ – die Macher hatten dieses „Event“ Schritt für Schritt entwickelt, um einen Hauch von „Superstar“ zum Ostersbaum zu bringen. Wer heute auftrat, hatte Videos eingereicht, gab an, was er konnte, und stellte sich heute einer Jury. Gestellt haben dürften die Teilnehmer sich freilich mit Spaß und Stolz selbst dann vors Publikum, wenn das „gestrenge“ Jury-Trio sie nachher nicht kürte. Dabei sein war vielleicht nicht alles, aber schon eine ganze Menge.
Das Haus selbst unterstützt den großen Auftritt: Wer sein Ding performte, tanzte oder sang, sah quer durch den gespannten Saal auf der Gegenwand übergroß sein Begleitvideo. Zu Alice Murtons Hit „No Roots“ etwa gab eine vielleicht Zwölfjährige ihre Moves zum Besten und stellte sich mühelos und scheinbar routiniert zum Vergleich. Typ alter Hase auch ein Dreijähriger: Außer Konkurrenz beantwortete der Bub auf der Bühne ohne jede Scheu die Fragen nach mancherlei Hauptstädten. Und von den Rhythmen ließ sich sogar der famose Weihnachtsmann Akram anstecken.
Thomas von der Jury meinte dann zur feierlichen Verkündung: „Am liebsten hätte ich fünf Mal erste Plätze vergeben.“ Ging natürlich nicht, und so siegte auf Platz 1 Shahm K. (9 Jahre), Luijan S. (12) wurde Zweiter, und Sumaia H. (7) errang mit ihrem WM-Tanz den dritten Platz. Wobei das natürlich nur Teil eins war – die erwachsenen Talente würden sich nach der Pause präsentieren. Die war gern gesehen, um sich aufs Büffet zu stürzen, für das schon bewährt Jassem A. mit seinem Team von den „Weißen Herzen“ verantwortlich zeichnete. Bei den Erwachsenen errang dann Ahmed A. mit Tanztheater den ersten Platz, Platz 2 ersang sich Raffi K., und der 3. Platz ging an die Malerei von Nour A. Nicht zu vergessen Rudi M. und Tarek A., die musikalischen Stars im Publikums-Voting.
Das Nachbarschaftsheim (heute Gastgeber, nicht Veranstalter) gibt es schon 70 Jahre, und nicht zuletzt die soziale Arbeit hat am Ostersbaum damit eine feste Adresse. Dass das Quartier anders ist als andere, zeigt der Blick zum Ölberg; an ihn mag man hier von Optik und Stimmung in den Straßen ebenso denken wie von der Bevölkerung: Quasi die nächste Erhebung gegenüber und bloß getrennt durch die Gathe, ist dieses Arme-Leute-Viertel ja längst auch Liebling einer offenen (Kultur-)Szene. Vom Ostersbaum wird man das so nicht sagen, obwohl sich Spannendes getan hat (nur kurz erwähnt sei hier „Kopp auf!“, eine Initiative rund um Nachhaltigkeit mit regelmäßigen Gesprächskreisen von Gärtnern bis Philosophie).
Auch der Beachtung von außen können Veranstaltungen sicherlich dienen. Wobei ein Nachmittag wie dieser wohl eher ins Viertel hinein wertvoll ist denn als Magnet. Die Talentshow mochte nicht so viele Externe zum Platz der Republik ziehen; sie zeigte aber einmal mehr die Möglichkeiten solch einer Einrichtung – aus dem Viertel, für das Viertel. Und besonders das Potenzial einer rührigen Initiative wie den „Weißen Herzen“, für die der Kraftakt laut Eigenbekenntnis bislang so ziemlich das Größte war. Man glaubt es gern. Vereinte Kräfte können viel – auch große Bühne.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Bezeugen, was verboten ist
NRW-Kinopremiere: „Green Border“ von Agnieszka Holland mit Vorgespräch
Ankommen nach Rezept
Integrationsprojekt „Cookin Hope“ im Café Swane – Spezial 12/17
Der Wuppertaler Weg
Refugees Night am 1.12. im Swane Café mit zwei Filmvorführungen – Foyer 12/16
Konsens und Pluralismus
Gespräch zu Türkei und Integration – Café Swane, 27.9.
Ein Schicksal hinter jeder Flucht
Medienprojekt Wuppertal feiert Premiere von „HIN und WEG“ im CinemaxX am 16.3. – Foyer 03/16
Laut sein können
Umjubelte Premiere von „Jung & Laut“ das am 25.2. im Haus der Jugend – Bühne 02/16
„Dieser Terror hat nichts mit Religion zu tun“
Pegah Ferydoni über „300 Worte Deutsch“, Pegida- und IS-Terror und arrangierte Ehen – Roter Teppich 02/15
Dear Fred,
engelszungen 11/24
Ermunterung zur Solidarität
Stadtrundgang im Rahmen der Armin-T.-Wegner-Tage – Spezial 10/24
Lieber Freund Engels!
engelszungen 10/24
Wurzeln des Rechtsextremismus
Online-Vortrag „Ist die extreme Rechte noch zu stoppen?“ – Spezial 09/24
Lieber Engels
engelszungen 08/24
Lieber Friedrich
engelszungen 07/24
Dear Fred,
engelszungen 06/24
Lieber General!
engelszungen 05/24
Notnummer? Lachnummer? Pflichtblatt!
40 Jahre Wuppertaler Satiremagazin Italien – Spezial 04/24
Lieber Engels!
engelszungen 04/24
Lieber General!
engelszungen 03/24
Große Palette an Kulturformaten
Das sozio-kulturelle Zentrum Loch in Wuppertal – Spezial 02/24
Lieber Engels!
engelszungen 02/24
Lieber Friedrich
engelszungen 01/24
Hochgeehrter Genosse!
engelszungen 12/23
Lieber Engels!
engelszungen 11/23
Lieber Herr Engels!
engelszungen 10/23
Gegenerzählung und Friedensappell
Daniela Dahn in der Alten Kirche Wupperfeld – Spezial 08/23