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Glück kommt selten allein
Foto: Amélie Kai

„400 angebliche Freunde bei Facebook helfen wenig“

30. April 2015

Glücksforscher Wolff Horbach über Wege zur Zufriedenheit – Thema 05/15 Glück

Der Stuttgarter Glücksforscher und Autor des Buches „77 Wege zum Glück: Wie Sie Ihr persönliches Glück steigern“ spricht mit engels über falsche Erwartungen an privates wie berufliches Glück und die Bedeutungen, die soziale Bindungen für unsere Zufriedenheit haben.

engels: Herr Horbach, ist die Suche nach Glück vergebene Liebesmüh?
Wolff Horbach: Klares Nein. Der Begriff ist natürlich uralt. Jeder Mensch will glücklich sein, das ist unser höchstes Ziel. Alles, was wir tun, machen wir, damit es uns gut geht. Ich habe die Frage mit Nein beantwortet, weil es natürlich das absolut Lohnenswerteste im Leben ist, glücklich zu sein. Es gibt aus der Glücksforschung ganz konkrete Dinge, die jeder tun kann, um ein erhebliches Stück zufriedener zu sein, als er es meistens ist.

Haben Sie ein Patentrezept, um glücklich zu sein? Und wenn ja, teilen Sie es bitte mit uns!
(lacht) Ein Patentrezept habe ich nicht. Mein Buch heißt nicht umsonst „77 Wege zum Glück“. Die 77 Wege sind natürlich eine Metapher dafür, dass es verschiedenste Dinge gibt, die wir dafür tun können. Jeder kann damit anfangen, sein eigener Glücksforscher zu sein, indem er darauf achtet, was ihn zufrieden und unzufrieden macht. Dann kommt man sich selbst auf die Schliche, was man am besten tut und was man lässt.

Wolff Horbach
Foto: Presse

Der Stuttgarter Diplom-Ingenieur Wolff Horbach (64) ist Autor des Buches „77 Wege zum Glück: Wie Sie Ihr persönliches Glück steigern“.

Gibt es einen Unterschied zwischen der beruflichen und der privaten Zufriedenheit?
Das Gefühl Glück entsteht in unserem Gehirn. Durch die Neurowissenschaften weiß man relativ gut, wie das funktioniert. Wenn ich mich privat freue, erzeugt das genau das gleiche Gefühl in den gleichen Hirnregionen, wie wenn ich beruflich erfolgreich bin. Es gibt nur verschiedene Auslöser dafür.

Wie wichtig ist denn der Faktor Geld?
Viel weniger wichtig als die meisten Leute glauben. Es gibt ja den Spruch „Geld macht nicht glücklich“. Das wussten schon unsere Vorfahren. Wenn man jetzt aber sagt, dass Geld völlig unwichtig ist, ist das auch falsch. Man muss das folgendermaßen betrachten: Wenn man wirklich schlecht dran ist, ist Geld natürlich ein wichtiger Faktor. Wenn die Grundbedürfnisse erfüllt sind, trägt Geld aber nur noch sehr bedingt zum Glück bei. Es gibt Untersuchungen, nach denen es ab 50.000 Euro Jahresgehalt in Sachen Zufriedenheit kaum noch eine Rolle spielt. Wenn man ganz viel Geld hat, kann es sogar das Gegenteil bewirken. Dann wird Geld auch schon mal zur Belastung.

Kann man es beeinflussen, ob man mehr oder weniger Glück hat?
Ja, sehr. Erstens ist es wichtig, sich von falschen Vorstellungen zu lösen. Nehmen wir wieder das Beispiel Geld. Wenn jemand davon überzeugt ist, dass man zum Glück viel Geld braucht, tut er alles Mögliche, um daran zu kommen. Er arbeitet zum Beispiel wie verrückt. Dadurch tragen aber die meisten Leute zu ihrem Unglück bei. Familie und Freundschaften werden vernachlässigt. Ein bisschen Glück geht dadurch den Bach runter. Zweitens ist die Gesundheit ein ganz wichtiger Faktor. Durch viel Arbeit, Stress, Angst und Anspannung leidet der Körper. Das macht wieder unglücklich. Das heißt, die Jagd nach dem Glück erzeugt genau das Gegenteil. Deshalb sollte man sich im Klaren sein, was man will.

Das heißt, man sollte zugunsten des privaten Glücks ein bisschen die Karriere zurückschrauben?
Wenn jemand Single ist und im Job aufgeht, ist das natürlich okay. Aber die Hast, zu arbeiten bis zum Umfallen, sollte man einschränken und realistischer sehen. Viele Menschen erwarten auch Dinge von irgendwelchen Großereignissen. Die große Liebe zum Beispiel – es haben schon viele erfahren, wie schnell das ins Gegenteil umschlagen kann. Zum Thema Lottogewinn gibt es zahlreiche Untersuchungen, dass die Gewinner nach einem Jahr genauso unglücklich oder glücklich wie vorher sind. Wer hingegen offen ist, fährt damit besser. Für Freunde, Familie und Bekanntschaften.

Das soziale Gefüge muss also stimmen.
Es kommt nicht darauf an, viele Freunde zu haben. 400 angebliche Freunde bei Facebook helfen wenig. Vielleicht hat man dafür nur zwei oder drei, auf die man sich aber verlassen kann.

Haben Sie selbst für mehr Zufriedenheit im Privatleben schon einmal auf etwas verzichtet?
Seit ich mich mit dem Thema Glück befasse, haben sich sehr viele Dinge für mich verändert. Ich habe nicht nur darüber geschrieben, sondern alles auch ausprobiert. Natürlich nicht immer alles zu jeder Zeit. Aber viele Dinge habe ich verinnerlicht.

In welchen Momenten verspüren Sie Ihr eigenes, persönliches Glück?
Das ist schwer zu beschreiben. Das Gefühl ist für mich eigentlich immer da. Wenn ich morgens aufwache, freue ich mich auf den Tag. Wenn ich tolle Gespräche führe, bin ich dankbar. Ich genieße die Natur. Bewegung und gesunde Ernährung sind ganz wichtige Faktoren.

Sind Sie schnell zufrieden oder kann es dauern, bis Sie Glück genießen können?
Wenn etwas Negatives passiert, geht mein Glückspegel natürlich schon runter. Das geht aber relativ schnell wieder weg. Ich überlege dann, was ich tun kann und bin schnell wieder aus dem Thema raus.

Das heißt, sich schnell Gedanken über schlechte Dinge zu machen, kann helfen?Nun, viele Leute machen sich viele Gedanken und Sorgen. Ich würde sagen, dass 95 Prozent dieser Sorgen unberechtigt sind, weil die vermeintlichen Auswirkungen nie eintreten. Ein Schlüssel ist es, achtsam zu sein und das Hier und Jetzt zu genießen. Glücklich können Sie immer nur im Moment sein.

Spielen Sie denn eigentlich Lotto?
(lacht) Ganz selten. Es gehört dazu, auch kleine Chancen wahrzunehmen. Mein großer Traum ist es, eine Stiftung zu gründen. Dazu braucht man natürlich Geld, und deshalb habe ich Lotto gespielt. Ich erwarte aber nicht, dass ein Gewinn mein Leben verändert. Und ich weiß, dass die Chancen sehr, sehr gering sind. Das gehört aber zur Strategie, nicht immer zu denken, dass es sowieso nicht funktionieren wird. Es ist halt ein Spiel.

Lesen Sie weitere Artikel zum Thema auch unter trailer-ruhr.de/thema und choices.de/thema

Interview: Florian Schmitz

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