„westwärts“ ist das größte regionale Theaterfestival Deutschlands. Vor vier Jahren wurde in Bonn der Name für das Theatertreffen geboren, der deutlich machen möchte, dass der Blick Richtung Westen geht. „Ein übergeordnetes Motto gibt es nicht, besonders wichtig war es uns, die Vielfalt der Theaterlandschaft in NRW zu dokumentieren“, erklärt Holger Weimar, künstlerischer Leiter. „Wir wollten keine Leistungsschau, sondern die spannende Theaterlandschaft mit den unterschiedlichen Identitäten der Häuser präsentieren.“ Und so hatte die Jury, in der neben dem künstlerischen Leiter auch Opernintendant Johannes Weigand und sein Kollege, Schauspielintendant Christian von Treskow, saßen, die sprichwörtliche Qual der Wahl. 18 Inszenierungen standen zur Debatte, die Beiträge sollten die Jury in erster Linie künstlerisch überzeugen. „Dabei war es uns wichtig, dass eine Inszenierung in der Wirkung ebenso bemerkenswert wie herausragend war“, sagt Holger Weimar. Der Faktor „Realisierbarkeit“ war nicht unerheblich, denn während die Opernbühne vielfältig wandelbar ist und den technischen Kriterien der meisten Häusern entspricht, kann das von der Bühne im Schauspielhaus momentan ja nicht gerade behauptet werden. „Da musste es im Vorfeld Gespräche geben, ob eine Inszenierung wirklich in Wuppertal gezeigt werden konnte.“
Meisterwerke und Stilübungen in Wuppertal
Das Rennen haben „Die Orestie“ (Rheinisches Landestheater Neuss), „Visitor Q. (Theater Dortmund), „Der Geizige“ (Theater Bielefeld), „Die Labdakiden“ (Schauspielhaus Bochum), „Kaspar“ (Schauspielhaus Bonn), „Rechnitz – der Würgeengel“ (Düsseldorfer Schauspielhaus), „Oblomow“ (Schauspiel Köln), „Pounding nails in the floor with my forehead“ (Schauspiel Essen), „Nora oder Ein Puppenhaus“ (Theater Oberhausen) und außerhalb der Konkurrenz „Der Kirschgarten“ (Wuppertaler Bühnen) gemacht. Eine Jury wird in den Kategorien beste Inszenierung, beste Schauspieler und beste Nachwuchsschauspieler Preise verleihen. „Für uns ist es der schönste Preis, Ausrichter zu sein“, kommentiert Christian von Treskow den als Gastgeber bedingten „Sonderstatus“. Dass Wuppertal Austragungsort der Veranstaltung ist, sei Michael Schmitz-Aufterbeck, Sprecher der Ständigen Konferenz der Theaterintendanten Nordrhein-Westfalen, und seinen Mitstreitern zu verdanken, so der Schauspielintendant mit gewohntem Understatement. „Das Verdienst liegt zunächst bei Christian von Treskow, Johannes Weigand und Enno Schaarwächter, die es ermöglicht haben, die Kräfte der Wuppertaler Bühnen für das Theatertreffen zu bündeln. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Dazu muss zum Beispiel eine bestehende Disposition geändert werden“, klärt Holger Weimar auf.
Politikum oder bloß Zufall?
Offensichtlich ist aber tatsächlich seitens der Theaterintendanten bewusst Wuppertal als Austragungsort gewählt worden, was durchaus als politische Entscheidung verstanden werden darf und sich nahtlos an vergangene Aktionstage mit riesiger Resonanz einfügt. Als ein klares Solidaritätsbekenntnis schätzt auch Christian von Treskow den Zuschlag ein. Eine Woche wird der Fokus auf der Stadt und seinem Theater liegen. Man wird hoffentlich sehen, was für eine Bedeutung das Theater für eine Stadt und eine Region haben kann. Es werden die unterschiedlichen Handschriften der Theater sichtbar gemacht, also die Identität der Theater in den Städten unterstrichen.
Jenseits der politischen Aspekte soll das Programm spannende Unterhaltung und ungewohnte Auseinandersetzungen bieten. „Ich freue mich auf jedes einzelne Stück“, beurteilt Christian von Treskow die vielen experimentellen Inszenierungen am Kleinen Schauspielhaus und die glamouröse Veranstaltung „Die Labdakiden“, bei der sowohl Regisseur Roger Vontobel als auch Schauspieler Paul Herwig „Faust“-Preisträger sind. Holger Weimar: „Am meisten Freude bereitete das Reisen durch die Städte in NRW, die Gespräche mit den Kollegen, die Möglichkeit in 19 Stadt- und Landestheatern die unterschiedlichen Theater direkt vergleichen zu können. Die Inszenierungen dann auch in Wuppertal zu sehen, ist ein Zubrot. Ich werde wahrscheinlich zu aufgeregt sein, um die Inszenierungen in Wuppertal wirklich genießen zu können. Aber das tolle am Theater ist ja: man wird meistens überrascht.“
„westwärts – NRW Theatertreffen 2011“ I 20.-26.6. I Wuppertaler Bühnen (Opernhaus, Kronleuchtfoyer, Container) und Kleines Schauspielhaus
0202 596 44 44
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