Die letzte Premiere des Märchenspiels in drei Bildern „Hänsel und Gretel“ von Jacques Offenbach gab es im Wuppertaler Opernhaus am 9. Dezember 2017. Doch vielen ist die vorangegangene Inszenierung des damaligen Opernintendanten Johannes Weigand in Erinnerung geblieben, die 2006 Premiere feierte. Diese Version, die über mehrere Spielzeiten auf dem Programm stand, kehrt nun auf die Bühne zurück, um Groß und Klein für etwas mehr als zwei Stunden in eine unterhaltsame Fantasiewelt zu entführen.
Weigand hat ein Familienstück par excellence geschaffen, das viel fürs Auge bietet. Bühne und bunte Kostüme (Markus Pysall) lassen sofort erkennen, um welche Personen es sich handelt und wo sich der Ort des Geschehens befindet. Da ist zum einem ein Schäferwagen, in dem die von der Hand in den Mund lebende Familie ihr Dasein fristet. Zum anderen gibt es ein Baumhaus voller Lackritzkonfekt, wo die böse Knusperhexe ihr Unwesen treibt. Natürlich fehlt der Ofen nicht, in dem sie ihr verdientes Ende findet und schließlich, in Teig gebacken, zum Gespött aller wird. Es bleibt ein stilisierter Wald übrig, der die Verlorenheit der Kinder widerspiegelt. Sie werden aber im Tiefschlaf von 14 Schutzengeln rührend behütet.
Auch darstellerisch und gesanglich hat diese Produktion viel zu bieten. Hänsel alias Mezzosopranistin Edith Grossmann und Gretel in Gestalt von Sopranistin Margaux de Valensart geben glaubwürdig ein Geschwisterpaar ab, das mit harmonischen Gesängen allem Unbill trotzt und sich aus größter Gefahr zu befreien weiß. Traumhaft schön gelingen ihnen die Volkslieder wie „Ein Männlein steht im Walde“ und besonders der Abendsegen. Nur könnten an einigen Stellen ihre Vorträge etwas tragfähiger sein. Ganz der Vater Peter, der sich vor seinem ersten Auftritt einen hinter die Binde gekippt hat, nicht mehr stehsicher mit einer Pulle Schnaps, einem Sixpack Bier und Lebensmittel im Gepäck daherkommt, ist Oliver Weidinger mit seinem stimmgewaltig-erhabenen Bassbariton. Plausibel singt und spielt Sopranistin Elena Fink dramatisch die Mutter Gertrud. Elia Cohen-Weisserts sattelfester Sopran passt vorzüglich zum müde machenden Sandmännchen und alle aufweckenden Taumännchen. In die Rolle der Hexe schlüpft erfreulicherweise Merlin Wagner, der schrill seinen Tenor zur Geltung bringt und somit das Biest schlechthin verkörpert. Auch Kinder und Jugendliche sind mit von der Partie, die den Opernclubs Kids und Jugend sowie dem Jugendchor „Voices“ der Musik- und Kunstschule Remscheid angehören. Nachdem der Hexenbann gebrochen ist und sie wieder wach sind, intonieren sie ihre Partie ungemein anrührend.
Die Sänger können sich dank des mitatmenden Dirigats von Johannes Witt musikalisch bestens aufgehoben fühlen. Außerdem achtet der 1. Kapellmeister der Wuppertaler Oper auf kultivierte Dynamiken, lotst das exzellent und nuanciert aufspielende Sinfonieorchester Wuppertal umsichtig durch die Partitur und sorgt für eine differenzierte Darbietung der verspielten wie dramatischen Musik.
Das Premierenpublikum, darunter sehr viele Kinder und Jugendliche, im leider nicht voll besetzten Auditorium zeigt sich begeistert und spendet frenetischen Schlussapplaus, bis sich der Vorhang senkt.
Hänsel und Gretel | 10.11., 7., 14., 21., 26.12., 4.1. | Opernhaus Wuppertal | 0202 563 76 00
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