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Cool ist cool. Abhängen im Pool ohne Wasser mit Bademode für Clowns
Foto: Uwe Stratmann

Die unheilige Welt der Clowns

26. Juni 2014

Christian von Treskow verschafft sich einen furiosen Abgang in Wuppertal – Auftritt 07/14

Eigentlich ist Shakespeares „Viel Lärmen um nichts“ ja ein ausgebufftes Intrigenspiel, in dem Liebe nur zweite Geige spielt, eigentlich ein höfisches Drama um die Konsequenzen, die aus Hörensagen und Sprachlosigkeit entstehen oder durch wirres Gebrabbel um nichts. Genau hier setzt der scheidende Wuppertaler Theaterintendant Christian von Treskow den dramaturgischen Hebel an, hebelt ironisch das vorgeschrotete Wuppertaler Kulturklima in die Busch‘sche Todesmühle. Rickeracke! Rickeracke! Geht die Mühle mit Geknacke. Heraus kommt eine Clownsrepublik in Messina, wo am Hofe Leonatos der derbe Scherz die Normalität und Trübsal eigentlich die Ausnahme sein sollte.

Erst einmal paradieren die Spaßmacher durch die Badeanstalt, okkupieren das Dirigentenpult, Slapstick, Jonglage, etwas Gymnastik. Dann reinigt eine aufgedonnerte Putzkraft (Hanna Werth, auch als paffende schwedische (!) Kammerfrau Margarethe)die kachelige Halle, kokettiert mit Wischmopp und dem Publikum, rafft das kurze Röckchen und muss das Feld räumen, als Tobias Deutschmann den Dirigentenstab und das Wuppertaler Sinfonieorchester zurückerobert hat und die Handlung auf dem Balkon beginnt. Alles ist zu spät, wie die Uhr auf der Bühne zeigt. Fünf nach zwölf, selbst das Wasser im Bassin ist längst abgelaufen und chinesische Schriftzeichen deuten auf eine kommende Nutzung hin.

Alle Schauspieler, von denen einige mehrere Rollen und Kostümwechsel meistern müssen, stecken in ausladenden fleischigen Trikots, alle sind als Clowns geschminkt und haben eine rote Nase. Sie sind die Spaß-Guerilla in Jürgen Liers fast klinischem Bühnenbild, ständig krümmen sie sich vor Lachen oder Leid, ständig grinsen sie, obs Sinn macht oder nicht, Mimik im Vierviertel-Takt, und über ihnen untermalt das vorzügliche Orchester mit Erich Wolfgang Korngolds Stummfilmopus, das er 1918 für eine Produktion von Max Reinhardt an der Wiener Volksbühne komponierte und das in Wuppertal eher einen strategischen Kontrapunkt zu den mächtig überzeichneten Figuren liefert. Eigentlich werden fragmentarisch nur einzelne Szenen untermalt, doch schnell legt sich eine wunderbare Melange aus Text, Choreografie und Musik über die Szenerie in der riesigen Wuppertaler Oper, die bald nur noch ein Schatten ihrer großen Vergangenheit sein wird. Diese Düsternis legt sich genauso bald über die Liebesschwüre der Paare in Shakespeares Stück. Statt Freude und Hochzeitsglocken trifft die Intrige des bösen Don Juan (ein großartiger Heisam Abbas mit einer Spur zu viel Mike Myers als Dr. Evil) ins bunte Herz der ausgelassenen Clownsmeute, die ja irgendwie auch eine – allerdings eine Liebes-Intrige gegen Beatrice und Benedict eingestielt hat. Der Spaß eskaliert, die arme Hero (Juliane Pempelfort) muss das Schneewittchen im gläsernen Sarg geben. Graf Claudio (Jakob Walser), eher Schulbub als tapferer Ritter, ist am Ende seiner Nerven, hat er doch die Angebetete fälschlich der Hurerei bezichtigt. Doch ein Mönch (wieder Abbas im Kostümwechselstress zwischen Amtmann und Bösewicht) leitet die große Versöhnung ein, die nur David Bösch einst in Salzburg bei seiner Inszenierung versagte.

Christian von Treskow inszeniert locker mit fast unmenschlicher Choreografie, Korngolds Noten im Nacken, und dem richtigen Gespür, immer im köstlich Subtilen zu bleiben und nicht in den Klamauk abzurutschen. Das aufgestockte 12er Ensemble gibt alles, da gibt es keine Schwäche, keinen Ausfall. Besonderes Lob gebührt Kristina Böcher für die großartigen Kostüme. Allein die Ausstattung der beiden debilen Wachen (Sebastian Weisner und Heiko Voss) ist schlichtweg zum Piepen.

Was traurig macht an diesem Abend ist die Zukunft dieses Theaters. Klar, neue Besen kehren gut, aber eigentlich hatte man doch bereits einen exzellenten Wischmopp. Die Stiefel, in welche die neue, nicht mehr Regie führende Intendantin Susanne Abbrederis schlüpfen muss, sind ziemlich groß und waren immer blank geputzt. „Kehr um nur – mach mein lautes Weinen still“, heißt die letzte Zeile in Shakespeares Sonett CXLIII, doch weit wollen wir ja nicht gehen.

„Viel Lärm um nichts“ | So 29.6. 18 Uhr | Opernhaus Wuppertal | 0202 563 76 66

PETER ORTMANN

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