Ende des Jahres schlug die Information wie eine Bombe ein. Die Stadt am Fluss klagt gegen das Land. Die Landesregierung hatte zuvor die Planung der Wuppertaler Verwaltung gestoppt, die eine nicht unerhebliche Gewerbeansiedlung im Norden des Stadtgebietes zum Ziel hatte. Zwar sieht das Verwaltungsrecht durchaus vor, dass eine öffentliche Körperschaft gegen die Beschlüsse einer anderen rechtlich vorgehen kann. Trotzdem mutet der Vorgang doch etwas bizarr an. Wissen die Verwalter von Stadt und Land nicht, was rechtens ist, was sie tun und tun dürfen?
Mancher Wuppertaler schüttelt bei der Lektüre der Tageszeitung inzwischen verständnislos den Kopf. Die Verwaltung und die Lokalpolitik haben seit vielen Jahren nicht den besten Ruf in der Bürgerschaft. Besonders die Mehrheitsfraktionen von CDU und SPD, die seit Jahren die Geschicke der Stadt bestimmen, glänzten und glänzen durch Skandale. Die SPD war durch die Unregelmäßigkeiten bei der Müllentsorgung in die Kritik geraten. Das ist zwar lange her, ermöglichte aber nach ewiger sozialdemokratischer Mehrheit im Rat, dass die CDU ans Ruder kam. Aber spätestens, seit sich die christdemokratische Fraktion im Rat lieber selbst zerlegt, als sich um den politischen Gegner oder gar um Sachpolitik zu kümmern, kann man von einer virulenten Krise der Kommunalpolitik in Wuppertal sprechen.
Deshalb verwundert es nicht, wenn viele Menschen im Tal skeptisch sind, wenn die Stadtoberen von der bösen Landesregierung sprechen, die ihre ehrgeizigen wirtschaftspolitischen Ziele zu Fall bringen. Ausgegangen ist der ganze Ärger von einem bekannten schwedischen Möbelhändler, der in der unmittelbaren Nähe des Autobahnkreuzes Wuppertal-Nord nicht nur eine neue Filiale errichten möchte, sondern ein ebenso großes Verkaufsareal für verschiedene Einzelhändler. Für solche Fälle muss der Flächennutzungsplan umgeschrieben werden. Dies wiederum kann nur im Rahmen der vom Land erlassenen Gesetze geschehen. Und hier beginnt das Problem. Höchstens zehn Prozent des Sortiments auf der sogenannten grünen Wiese sollen auch in der Innenstadt zu kaufen sein. Sind es mehr, ist ein Neubau in der Peripherie unzulässig. Als die Planung einsetzte, war in Düsseldorf noch die Regierung Rüttgers im Amt. Von der schwarz-gelben Landesregierung war manch Übles zu erwarten. Probleme bei der Ansiedlung großer Unternehmen hätte das FDP-geführte Wirtschaftsministerium auf dem kleinsten Dienstweg gelöst. Die inzwischen auch nicht mehr so neue rot-grüne Landesregierung legt aber, so klingt es aus den kleinen Wuppertaler Oppositionsparteien, sehr viel strengere Maßstäbe an. Zum Schluss versuchten Politik und Verwaltung noch durch ein beschleunigtes Verfahren, die Aufseher aus Düsseldorf auszutricksen und Fakten zu schaffen. Inzwischen wird im Rat gestritten, ob die Wuppertaler, die Bergische oder die vom Land geschaffene Angebotsliste über die strittigen 10 Prozent innenstadtsortimentstypischen Produkte entscheidet. Höllisch kompliziert. Ist eine Matratze oder eine Glühbirne auch in der City zu kaufen oder nur im Einkaufspark? Darüber müssen nun die Gerichte entscheiden.
Ein grundsätzliches Problem versteckt sich hinter dem kleinkariert anmutenden Zwist. Sind Lokalpolitik und Verwaltung bei der Abwicklung solch großer Projekte nicht schlicht überfordert? Dem Oberbürgermeister wird von Seiten der Grünen Eitelkeit vorgeworfen. Der IKEA-Homepark sei nur ein Prestigeobjekt, das die Wiederwahl des OB gewährleisten soll. Weniger Stimmen allerdings wird er vom Einzelhandel in Barmen bekommen, der angesichts des Shoppingcenters um seine Zukunft bangt. Droht Wuppertal durch den Neubau das Schicksal von Oberhausen, wo durch die Glas- und Betonwüste des CentrO die historische Innenstadt verödete?
25.000 Quadratmeter Verkaufsfläche beansprucht das schwedische Möbelhaus, die gleiche Fläche bekommen die üblichen Filialisten. So wird der Home-Park gut halb so groß wie das CentrO.
Die Mehrheitsverhältnisse im Rat führen dazu, dass die Stadt von einer quasi Großen Koalition geführt wird. Zwar kennt die Kommunalpolitik keine festen Koalitionen, die Kooperation zwischen CDU und SPD allerdings befördert nicht gerade ein Klima der ergebnisoffenen Diskussion. Was zwischen den Fraktionsvorsitzenden, dem Oberbürgermeister und dem Kämmerer im kleinen Kreis besprochen wird, scheint Gesetz zu sein. Diese Struktur schafft solche Situationen wie die, dass die Stadt gegen das Land klagt. Es wäre sicherlich der Sache förderlicher gewesen, sowohl die Bürgerinnen und Bürger Wuppertals als auch die Nachbarstädte in eine Debatte einzubeziehen. Und dazu gehört die Frage, wie der Einzelhandel in Zukunft in unserer Stadt aussehen soll. Hat die Innenstadt ausgedient und bietet nur noch Platz für Ramschläden? Liegt die Zukunft des Einzelhandels in Shopping-Malls oder gar großen Hallen in der Provinz? Wer städtisches Leben nicht nur als Möglichkeit zur Erhöhung von Gewerbesteuereinnahmen sieht, dem müsste der kleine Laden am Berliner Platz mehr am Herzen liegen als der Elch am Autobahnkleeblatt.
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