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Gob Squad „Western Society“
Foto: Robin Junicke

Heiße Steine

25. Juni 2015

Das Impulse Festival 2015 – Theaterleben 07/15

Vom 11. bis 20. Juni fand in Mülheim an der Ruhr das Impulse Festival 2015 statt. Die Impulse zeigen seit 1990 herausragende Theaterproduktionen aus dem deutschsprachigen Raum – seit 2013 unter der Leitung von Florian Malzacher. Bis 2013 fand das Festival zweijährig gleichzeitig in Köln, Düsseldorf, Mülheim an der Ruhr und Bochum statt. Seit diesem Jahr konzentriert man das Programm im jährlichen Wechsel auf eine Stadt, in diesem Falle auf Mülheim an der Ruhr, welches nach den gerade erst beendeten „Mülheimer Stücken“ um seine Festivals und Spielstätten aus Kölner Sicht aktuell nur zu beneiden ist. Aus den drei nicht bespielten Städten, die sich trotzdem maßgeblich an der jährlichen Finanzierung beteiligen, wurden Bustouren inklusive „Überbrückungsprogramm“ zu den Aufführungen organisiert.

Dem Anspruch, sich „wie die Szene selbst immer wieder neu zu definieren“, wurde das diesjährige Festival trotz hoher Qualität nicht gerecht: Mit u.a. Gob Squad Arts Collective, Gintersdorfer/Klaßen oder andcompany&co gab es gutes Altbekanntes, das längst die großen Häuser von Wien bis Hamburg, vom Kölner Schauspiel bis zur Berliner Volksbühne erobert hat. Wo sind die neuen Impulse?

So bestritt die Eröffnung im Ringlokschuppen Mülheim das seit 1999 existierende deutsch-englische Gob Squad Arts Collective mit „ Western Society“. Eine kurzweilige, trashige, handwerklich perfekt umgesetzte Performance mit der man keinem wehtut. Ein unbeachtetes Internetvideo wird für Gob Squad – die Live-Art-Meister des Verwirrspiels zwischen Video und Wirklichkeit – „zum Fenster, durch das sie auf eine anonyme Familienfeier irgendwo am Rande der westlichen Welt und durch sie hindurch auf sich selbst schauen“. Als Erlebnis funktioniert dies auch dank der sechs willigen Mitspieler aus dem Publikum, die mittels Kopfhörern durchs Stück navigiert werden, wunderbar. Der inhaltliche Kern bleibt trotz viel Charme dünn und diffus. Die Form kennt man seit über 10 Jahren etwa von Arbeiten an Castorfs Berliner Volksbühne. Den Mut, welchen die Impulse-Veranstalter in ihrem Programmtext von den Theatermachern einfordern, würde man ihnen im Gegenzug auch mal wünschen, aber da wird es natürlich auch gefährlich für die eigene Karriere.

„Impulse fordert die unabhängigen performativen Künste heraus, ihre prinzipielle Freiheit zu nutzen, die Freiheit des Theaters als Medium zu erweitern (...) Die Freiheit, immer wieder von Null anzufangen.“

Nicht bei null anfangen, aber die Impulse neu aufstellen, will man durch den jährlichen Städtewechsel und zusätzliche Fördermittel des Bundes, der Kunststiftung NRW und der beteiligten Kommunen. Da fließt mit über 800.000 Euro eine Menge Geld in ein Festival, welches zumindest in diesem Jahr mehr zum Abspielen von höchst etablierten Stars der nationalen Theaterszene diente, als dass Impulse gesetzt wurden. Klar freut man sich, diese Produktionen direkt vor der Haustür sehen zu können, ohne erst mal nach Berlin oder Hamburg reisen zu müssen. Den Überblick über die experimentelle Vielfalt der deutschsprachigen freien Theaterszene, der Impulse einmal auszeichnete, sucht man dagegen komplett vergebens. Das ist schade, und so fließt hier viel Geld als verschenkter Tropfen auf ehedem schon heiße Steine...

JÖRG FÜRST

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