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Kein Schutz, kein Halt im Wald

30. August 2012

Andrea Schwalbach eröffnet mit ihrer „Freischütz“-Inszenierung die neue Spielzeit am Opernhaus – Bühne 09/12

Schwerpunktthema der Spielzeit 2012/13 an der Oper der Wuppertaler Bühnen ist zwar Spanien, eröffnet aber wird die neue Spielzeit mit Carl Maria von Webers romantischer Oper „Der Freischütz“, zeitweilig als „deutsche Nationaloper“ diskreditiert. Intendant Johannes Weigand und sein Dramaturg Johannes Blum waren sich schnell darüber einig, diesen Klassiker dabei haben zu wollen. „Es ist ein deutungsintensives Stück, in das man eingreifen und mit dem man arbeiten kann“, sagt der Dramaturg. „Es bietet im besten Sinne Angriffsflächen.“

Musikalische Farben der Finsternis
Die vielen kleinen Geschichten, die den „Freischütz“ ausmachen, teilweise rührend-naiv, andererseits ideologisch, machen Webers Komposition und Johann Friedrich Kinds Libretto so interessant. Realisieren wird das Spektakel Andrea Schwalbach, die damit ihr Regiedebüt in Wuppertal gibt. „Ich hatte viel von ihr gesehen und wusste, das wird etwas Gutes“, beschreibt Johannes Blum. „Ich gucke bei meinen Inszenierungen grundsätzlich nicht nach rechts und links, ich bin sogar ignorant“, erklärt die Regisseurin ihre Vorgehensweise hinsichtlich bereits gelaufener Arbeiten anderer Kollegen.

Bei Weber und seinem Librettisten Kind spielt „Der Freischütz“ kurz nach der Beendigung des Dreißigjährigen Krieges. Jäger zu sein ist ein grandioser Beruf. Entsprechend lohnt jede Anstrengung, noch dazu, wenn man sich so eine Braut einhandelt und damit soziale Sicherheit.Max (Niclas Oettermann) soll seine Liebe zu Agathe (Banu Böke) mit einem Probeschuss unter Beweis stellen. Er ist sehr aufgeregt und lässt sich in der Nacht davor, in der berüchtigten Wolfsschlucht-Szene, Freikugeln gießen – so etwas wie ein romantisches Viagra. Obwohl er sich auf diesen Pakt mit Kaspar (neu im Ensemble: John In Eichen) einlässt – keinem Freund, sondern einem Konkurrenten –, trifft er nicht, gerät in Panik und ein Eremit rettet ihn zum guten Schluss.

Diese Geschichte von Sehnsucht und Seele, von der Bestie im Menschen, im Kampf um Träume und Wünsche, spielt auch beiSchwalbachim Wald.Der aber hat wenig mit der viel besungenen grünen Üppigkeit und anheimelnden Idylle gemein, sondern ist ein transparentes Gebiet, das keine Möglichkeit des Rückzugs bietet. Es gibt also, führt die Regisseurin aus, keine beglückende Fassade, hinter der das Böse lauert und Abgründe gähnen. „Angst, Not und Beklemmung gibt es von Anfang an. Jeder weiß über alles Bescheid, man spricht nur nicht darüber. Dadurch entsteht ein dichtes Geflecht, ein hoher Druck lastet auf den Leuten. Die zivile Gesellschaft ist leicht angreifbar und brüchig.“

Wer sich mit dem Teufel einlässt, riskiert sein Leben
Diese persönlichen und gesellschaftlichen Konflikte werden gezeigt. Ännchen (Dorothea Brandt/Elena Fink) ist ein Kontroll-Freak und zitiert gerne Sprichworte, sie und Agathe sind Freundinnen oder junge Verwandte, aber nicht wie im Original Zofe und Dame. „Herrin und Dienerin, das ist passé, die beiden begegnen einander auf Augenhöhe.“ Kaspar hat seine Seele bereits verkauft und animiert den arglosen Max dazu, das auch zu tun. Der Jägerchor ist ein Revolutionschor, der die Obrigkeit in erste Schranken verweist, und der Eremit ist weniger Gutmensch und Christ als jemand aus dem Hier und Jetzt, der Verantwortung übernimmt. „Alle Figuren haben Tiefe, dadurch wird es ein psychologisches Spiel.“ Dass das Ganze „freudig endet“, wie Weber seiner Braut schrieb, haben die Wuppertaler aufgenommen: „Es ist kein ‚glückliches Ende’. Aber es gibt keine Verbannung, sondern eine Art Aufflackern von Demokratie.“

Musikalisch braucht die Aufführung keinen Vergleich zu scheuen. Florian Frannek hat die musikalische Leitung, als Zuhörer darf man auf empfindsame Herzenstöne und beklemmende psychische Implosionen gespannt sein. „Es lohnt sich, die Augen zu schließen und einfach zuzuhören.“ Das jedenfalls empfiehlt die Regisseurin. Allerdings würde dann der Blick auf Bühnenbild und Kostüme wegfallen. Hier übrigens wird relativ zeitgenössisch dargestellt, „es geht aber weniger um eine Zeit, als um Menschen.“

„Der Freischütz“ I 14.9. 19.30 (P)/16.9. 18 Uhr/29.9. 19.30 Uhr I www.wuppertaler-buehnen.de

VALESKA VON DOLEGA

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