Es ist gar nicht so leicht, sich mit Juliane Pempelfort zu verabreden. Entweder sie probt oder sie tritt auf und wenn sie mal „drei Tage am Stück frei hat, dann fahre ich auch gerne mal weg“, bekennt sie freimütig. Bevorzugt geht es dann Richtung Berlin, dort lebt ihr Freund. Oder nach Potsdam, dort wurde sie 1979 geboren und ein Teil ihrer Familie ist noch immer dort. Aber wenn es dann mit der Verabredung klappt, ist sie ganz und gar für ihren Gesprächspartner da. Aufmerksam hört sie sich die Fragen an, wägt kurz ab und sprudelt eine Antwort heraus. Und sie spricht laut flüsternd, was ausgesprochen verschwörerisch klingt. Meist lacht sie, überaus euphorisch wirkt sie und auf eine selbstbewusste Art zuversichtlich.
„Na klar ist die ‚Lulu’ eine Traumrolle.“ Aber nicht deshalb, weil berühmte Schauspielerinnen wie Susanne Lothar oder Fritzi Haberland sich vorbildlich an ihr versucht haben und Juliane Pempelfort ihnen deshalb nacheifern müsste. Mit den ihre eigenen Mitteln möchte sie Wahrheiten entstehen lassen und Figuren Leben einhauchen. „Die besondere Herausforderung der Rolle war, den Menschen hinter der Projektionsfläche sichtbar zu machen.“ In ihrer Interpretation ist Lulu kein Freak, „sie ist eine kluge, eine sinnliche Frau mit ausgeprägter Beobachtungsgabe.“ Auf ihrer Suche nach dem Glück („wer sucht es nicht?“) rast sie ins Unglück. „Sie ist eine Frau, die sich, die ihre Lust, die eine natürliche, schöne ist, nicht unterdrücken lässt. Sie erkennt die Mechanismen dieser Art von Domestizierung, weiß sich innerhalb derer zu bewegen, zu behaupten und wendet sie zunehmend gegen die sie Bedrückenden.“
Für einen Freigeist wie Juliane Pempelfort, älteste von drei Geschwistern, mit der allein erziehenden, jungen Mutter im malerischen Potsdam groß geworden, klingt das ganz selbstverständlich, sich gegen Domestizierung zu behaupten und Dinge anzupacken und selbst für sein Glück verantwortlich zu sein. Deshalb findet sie die Frage, wie es denn so ist, nun endlich auch in Wuppertal eine Hauptrolle zu spielen, ein bisschen doof. Schließlich gilt das Prinzip, eine Figur zu erarbeiten und lebendig werden zu lassen, für jeden Part, sei er noch so winzig. Und schon sprudelt es aus ihr heraus, was das Wesen ihrer Hilde Wangel in „Baumeister Solness“ ist, was es mit Peter Munks Frau im „Kalten Herz“ auf sich hat, erzählt über ihre Rollen wie in „Die Lotterie in Babylon“.
Vom Schulhof für die Defa gecastet
Das klingt alles so, als habe Juliane Pempelfort nie etwas anderes gemacht als auf der Bühne zu stehen. „Mit acht Jahren wurde ich von der Defa für ‚Pestalozzis Berg’ entdeckt. Das war meine erste Berührung mit Film.“ Mit Schauspiel aber „hatte es nichts zu tun“, verneint sie entschieden. „Ich bin da durch die Kulissen getobt.“ Zwar hat sie auch in der Schultheater-AG mitgemacht, nach dem Abitur allerdings hat sie sich an der Uni Potsdam für Biologie eingeschrieben. „Ich habe Bio geliebt“, schwärmt sie. „Da ist alles so klar und man begreift plötzlich auch Mathe.“ Und obwohl ihr das „auch schon lag“, hat sie sich dann doch für eine Ausbildung als Schauspielerin entschieden. 2003 begann sie an der berühmten Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“. Mit Gastvertrag ging sie ans Gorki-Theater, spielte parallel in Erlangen („als Anfängerin hast Du Power, da ist das kein Problem“) und gab dort beispielsweise die Ophelia im „Hamlet“.
Na klar gibt es Traumrollen. Die „Lulu“ ist eine, „Gertrud“ im „Hamlet“ würde sie gerne mal spielen, oder auch die „Lady MacBeth“, „Mary Stuart“, da gibt es einiges, was interessant ist. „Aber ich mag eben auch das Kleine, Skurrile und alles in eine Rolle hineinzugeben, was ich habe.“ Auf der Bühne legt man quasi alles frei und muss einen Teil von sich selbst wie als Anknüpfungspunkt anbieten. „Man probiert dauernd Dinge aus und schmeißt sie dann wieder weg, weil sie nicht funktionieren, aber alles eingeben, was da ist, ohne sich im negativen Sinne zu verausgaben – das ist ein Traum.“
Ansonsten ist sie ziemlich im hier und Jetzt. Passieren während einer Vorstellung Fehler auf der Bühne, findet sie das „manchmal komisch, aber eigentlich ist das doch gut. Theater ist live und diese Feinheiten, Kleinheiten und Unschärfen, die sind doch eine tolle Herausforderung. Das ist es doch, was auch einen Großteil vom Spaß am Beruf ausmacht“, sagt Juliane Pempelfort. Und muss dann auch los. Lieber als über den Job zu sprechen, übt sie ihn aus. Und wenn sie schon mal Zeit hat, möchte sie die noch lieber als mit Reportern mit Freunden nutzen.
Juliane Pempelfort an den Wuppertaler Bühnen:
„Lulu“ von Frank Wedekind I R: Sybille Fabian I Mi 8.6., Fr 10.6., Sa 11.6., Mi 15.6. je 19.30 Uhr I 0202 569 44 44
„Baumeister Solness“ von Henrik Ibsen I R: Marcus Lobbes I Sa 2.7. 19.30 (Premiere)
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