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Viele wollten in Ruhe zu diskutieren. Selly Wane hier mit einem enttäuschten Gast
Foto: Stephanie Spichala

Keine Macht dem Hass – auch nicht von links

03. März 2017

Kommentar zum Eklat bei der Politreihe „Wir stellen uns (vor)!“ im Swane Café am 2.3. – spezial 03/17

Wenn Selly Wane, eine senegalesische Muslima, beim Auftakt der neuen Politreihe „WIR STELLEN UNS (vor)!“ im Swane Design Café in der Luisenstrasse dazu einlädt, die Wuppertaler Kandidaten der Landtagswahl kennenzulernen und dabei auch die AfD nicht auslässt, denkt sie sich etwas dabei. Das sollte jedem – auch linkspolitischen Bürger – klar sein. Die Möglichkeit zum Protest hatte die Veranstalterin dabei ausdrücklich im Vorfeld mit eingeräumt.

In einer Demokratie gibt es verschiedene Protestformen, doch wo ist die Grenze? Und ist pauschaler Protest immer sinnvoll? Genau das wurde heiß diskutiert, nachdem Vertreter der linken Szene teils aggressiv ihren Protest gegen die Teilnahme der AfD kund getan hatten. Es kam nicht zu gewalttätigen Ausschreitungen, ein Großteil der Proteste lief im legitimen Rahmen ab: stumme Demo mit Schildern von rund 15 Links-Autonomen vor dem Eingang, lautes Parolen-Gebrüll von weiteren rund 15 selbst ernannten Verteidigern der Demokratie innen. Aber ist nicht eine Grenze überschritten, wenn Böller abgenommen werden müssen und der politische Gegner mit Luftschlangenspray besprüht wird?

Wird dann noch die Veranstalterin selbst angefeindet, geht die Zielrichtung im allgemeinen Anti-Sein ebenso unter wie der Respekt vor ihr und ihren Gästen, wie Selly Wane selbst kritisierte und die Grenze zog: „Hier in diesem Raum wird niemand angegriffen. Wir geben Raum für Protest, aber es gibt eine Form.“ Als die Situation immer mehr zu eskalieren drohte und die Spannung im rappelvollen Raum deutlich zu spüren war, schritt die Polizei zum richtigen Zeitpunkt ein, um einer größeren Eskalation vorzubeugen.

Das Swane Design Café ist für seine Offenheit gegenüber allen Nationen, Religionen und Schichten bekannt, entsprechend bunt gemischt sind die Gäste wie auch das Personal. Dass gerade ein solcher Ort der AfD eine Plattform bieten wollte, war für Hardliner der linken Szene ein Grund, in Hass zu verfallen. In ihren Parolen klang es, als gebe es ein Gesetz in Wuppertal, mit Faschisten und Rassisten nicht zu reden. Wo soll das stehen? Im selbst geschriebenen Antifa-Manifest von Wuppertal? Es ist ein Unterschied, ob die AfD eine Lokalität für eine Veranstaltung ihrer Partei bucht, oder ob es sich um eine Veranstaltung des Lokals handelt, bei der kritische Auseinandersetzung bis hin zum Protest gewünscht ist: von Angesicht zu Angesicht, statt in Facebook-Foren oder medial auf der fernen politischen Bühne vorgeführt.

Den anderen Parteien hat die Antifa damit die Möglichkeit genommen, ihre politische Stärke gegen die AfD zu zeigen. Man habe sich eigentlich auf die Chance öffentlicher Demaskierung und das Auseinandernehmen der Standpunkte gefreut, darin waren sich Jörg Heynkes wie auch Claudia Schmidt von den Grünen einig. Die Antifa hat ihren Sinn und ihre Berechtigung, doch wenn sie Bürger und Politiker in dieser Weise entmündigt, geht sie gegen das vor, was sie eigentlich schützen will: die Vielfalt der Demokratie. Eine Demokratie muss nicht alles, aber einiges aushalten können. Vor allem aber die kritische, gewaltfreie Diskussion.

Stattdessen: Angst vor der Aggressivität der Antifa. Etwas scheinheilig wirkte auch der Auftritt von Die Linke-Kandidatin Petra Mahmoudi. Sie hatte ihrer Teilnahme an der Veranstaltung, wissend um die Gäste und das Format, zugestimmt und betrat das Café nur, um lautstark zu verkünden, dass sie aus Protest wieder gehe.

Die rund 100 Gäste waren größtenteils enttäuscht, dass die Idee nach einer Viertelstunde Gebrüll gestorben war. Mit Personen kann man sprechen, bei Parolen und Schildern hört das Sprechen aber auf. Parolen sind keine Meinung, liefern keine Gründe, sind jedoch beliebte Waffen im (Wahl)Kampf. Die effiziente Möglichkeit verbaler Entwaffnung wurde an diesem Abend so leider verhindert. Die linken Störenfriede haben nur bewiesen, dass sie genauso wenig differenzieren können wie die Parolenschwinger der Gegenseite, mit denen sie mehr gemeinsam haben als ihnen lieb sein kann.

Großes Lob an Selly Wane, die der Situation größtenteils mit gelassenem Schweigen begegnete, nachdem sie nicht einmal ihre Eröffnungsrede hatte halten können. Mit hasserfüllten Brüllaffen kann man nicht reden. Ob die Veranstaltungsreihe fortgesetzt wird, ist noch offen.

Stephanie Spichala

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